Marihuana, Koks und Co

ARGENTINIEN Zwei Geschichten von Fabián Casas führen in eine Jugend im Buenos Aires der 80er Jahre

Ereignisreich ist das Leben von Andrés Stella nicht gerade. Musik hören, essen, aufs Klo gehen, Selbstbefriedigung, das reicht dem 21-jährigen Ich-Erzähler von Fabián Casas schon. Hier und da noch ein gutes Buch, schon ist der Fan von Beatles, Zappa und Led Zeppelin ganz zufrieden. Monatelang kann Andrés so monoton in den Tag reinleben – in einer Zweck-WG mit seinem Vater und seinem älteren Bruder.

Für die einzige Abwechslung sorgen sein bester Freund Roli, mit dem er irgendwann einen schwunghaften Handel mit Marihuana, Koks und Co beginnt, und Picasso, der coole Dichter, der an der Nadel hängt. Vom dem ist Andrés, der seine Auszeit vom Philosophiestudium genießt, derart beeindruckt, dass er selbst wieder zur Feder greift und den Gedichten aus der Jugend neue Verse folgen lässt.

Viel mehr passiert nicht in „Lob der Trägheit“, der ersten der beiden Geschichten im neuen Band von Fabián Casas. Einer Geschichte aus der eigenen Jugend, denn Casas sagt von sich selbst, dass er nicht allzu viel Phantasie habe und daher über das schreibe, was er kennt – über sich selbst, sein Stadtviertel und seine Familie. Die kommt in „Die Panikveteranen“, der zweiten Geschichte, zu ihrem Recht. Da erhalten die Leser Einblick in Casas Argentinien der achtziger Jahre und lernen ganz nebenbei, dass Schreiben therapeutisch wertvoll ist.

Zumindest bei Fabián Casas, den ein Literaturstipendium in die USA brachte und wahre Wunder bewirkte. Wie ein „Astronaut in einem Raumschiff aus Pauspapier“ kam er sich da vor. Es sind solche Sätze, die ihm in Argentinien eine beachtliche Fangemeinde beschert haben.

Die „Panikveteranen“ strotzen nur so vor markigen Sätzen. Da ist der Dichter in die Untiefen seiner eigenen Existenz geklettert und hat sie ausgelotet. Der Leser lernt sie unweigerlich kennen in dieser Geschichte aus Boedo, dem Stadtteil von Buenos Aires, in dem Casas Mikrokosmos verankert ist. Dort wuchs er auf, dort entstehen seine Verse und seine lakonischen Geschichten über eine verflossene Jugend zwischen Drogen, Rock und Diktatur im Argentinien der achtziger Jahre. KNUT HENKEL

■ Fabián Casas: „Lob der Trägheit gefolgt von Die Panikveteranen“. Zwei Erzählungen. Aus dem argentinischen Spanisch von Timo Berger. Rotbuch Verlag, Berlin 2010, 128 Seiten, 14,95 Euro