„Brahms has to follow“

KLASSIK Bremens Deutsche Kammerphilharmonie arbeitet auch künftig mit dem Star-Dirigenten Paavo Järvi zusammen. Und produziert neben erfolgreichen CD-Reihen nun auch Musikfilme

Was bindet einen Dirigenten wie Järvi an die Kammerphilharmonie? Das Geld jedenfalls nicht

Klassik sei doch eigentlich „Kultur für alle“, sagt Rolf Rische von der Deutschen Welle. Insofern ist es folgerichtig, wenn die Deutsche Kammerphilharmonie mit ihrem „Chefdirigenten“ Paavo Järvi inzwischen auch Filme produziert: Der zum erfolgreichen Beethoven-Zyklus hat inzwischen 14 Auszeichnungen erhalten, für den neuen Schumann-Zyklus hat Radio Bremen Risches Deutsche Welle sowie Arte mit ins Boot geholt. Geprobt wird in der alte Schiffbauer-Halle „Pier 2“ in Bremen, in der normalerweise Popkonzerte stattfinden.

Seine „Heimat“ hat die Kammerphilharmonie derweil in der Gesamtschule Bremen-Ost gefunden. Mitten in einem Multikulti-Stadtteil – aber eben auch einem mit großen sozialen Problemen – hat das weltweit renommierte Orchester seinen Probensaal und lädt zu Kammerkonzerten ein.

Die Zusammenarbeit mit Järvi geht weiter – das war jetzt die Botschaft der Pressekonferenz zum Programm für 2012: So spielt man zusammen im März in Warschau und Wien die Schumann-Symphonien. Beim Beethoven-Festival in Bonn und beim Bremer Musikfest ist die Kammerphilharmonie im September mit der „Missa Solemnis“ vertreten, dirigiert dann von Holger Blomstedt.

Diesen gewinnen zu können, sagt Järvi, sei „eine große Ehre“ und „Chance“. Er selbst könne das Beethoven-Stück ja auch zwei Jahre später noch mit den Bremern aufführen. Mit Trevor Pinnock schließlich bereist das Orchester im Mai Paris, Istanbul – und Hamburg.

Zuhause in Bremen sammelt das Orchester Abonnements für eine vierte Reihe von Abokonzerten. 712 sind da, wenn die 1.000 voll sind, geht es 2013 los. Der Joker bei der Mitgliederwerbung für den Freundeskreis: die Chance, bei einer der großen Konzertreisen mitfahren zu können.

Was bindet einen Dirigenten von Weltrang, wie Järvi, der das Cincinnati Symphony Orchestra, das Orchester des Hessischen Rundfunks und das Orchestre de Paris leitet, eigentlich an die Bremer Kammerphilharmonie? Das Geld jedenfalls nicht, da ist in Bremen wenig zu holen. Vor allem sei es die musikalische Kreativität, sagt Järvi immer wieder.

Diese musikalische Beziehung sei „etwas ganz Besonderes. Und wenn es so weitergeht wie bisher, gibt es keinen Grund, sich etwas anderes vorzustellen“. Und dass die Kammerphilharmoniker zwischendurch auch mit alten Autoritäten wie Herbert Blomstedt oder jungen Dirigenten-Talenten wie dem 19-jährigen Alexander Prior spielen, „das hält das Ganze frisch“, so Järvi.

An dem romantischen Komponisten Robert Schumann schätzt er vor allem die „poetischen Übertreibungen“. Aber 100.000 CDs – wie bei der 2006 in Angriff genommenen Einspielung aller Beethoven-Sinfonien – kann man davon wohl nicht verkaufen.

Und was kommt nach Schumann? Das ist nicht entschieden, sagt Järvi, musikgeschichtlich aber eigentlich klar: „Brahms has to follow.“  KAWE