BEI LAUFENDEM BETRIEB
: Alles perfekt

Ich drehe den Laptop um. Bier tröpfelt raus

Stundenlang schon hatte ich das Zimmer aufgeräumt, Staub gesaugt, alte Zeitungen weggeschmissen. Am nächsten Morgen war der Termin beim Kieferchirurgen. Er würde mir drei Zähne ziehen. Ich guckte Fußball, schrieb einen Brief und postete ab und an Kommentare zum Spiel. Meine Mannschaft (Schalke 04) lag 0:1 hinten. Das Spiel war spannend. Hastig war ich in die Küche gegangen, um ein Glas zu holen. Obgleich ich sonst immer aus der Flasche trinke. Als ich das Glas auf den Tisch stelle, mache ich eine komische Bewegung. Die Bierflasche kippt um, das Bier läuft auf die Tastatur des Laptops. Schnell gehe ich in die Küche, hole einen Lappen, wische an der Tastatur herum, denke an C, der vor zwei Jahren Ähnliches geschehen war. Sie hatte ihre Tastatur bei laufendem Betrieb reinigen wollen, zu viel Reinigungsflüssigkeit genommen und Glück gehabt, dass das später als Garantiefall anerkannt wurde. Als mir einfällt, dass sie gesagt hatte, in solchen Fällen müsse man den Laptop unbedingt sofort von der Stromversorgung nehmen, verabschiedet sich der Laptop schweigend, das Licht geht aus, der Text verschwindet, und im Fernseher wird weiter Fußball gespielt.

Ich drehe den Laptop um. Aus dem tröpfelt Bier. Ich nehme den Akku heraus und gucke das Spiel weiter. Es ist, als wenn mir grad jemand ein paar Ohrfeigen gegeben hätte. Der Schock ist aber nicht so stark wie bei den anderen Computerabstürzen; vor 5, 10, 16 Jahren. Vermutlich weil ich morgen früh zum Zahnarzt muss.

„Wir“ gewinnen dann doch. Ich genieße es, im Stillen zu sitzen. Alles scheint perfekt zu sein. Die Zunge drückt gegen den wackelnden Backenzahn. Ich schließe den Computer noch einmal an, lege mein Ohr an den Laptop, höre ein leise schnarrendes Geräusch, nehme ihn wieder vom Netz. Dann putze ich mir die Zähne und gehe schlafen.

DETLEF KUHLBRODT