BAND TO WATCH
: Blaues Auge

„Wenn ein Beastie Boy stirbt, wird man erwachsen“

„Die Tentakel von Delphi“ heißt die Begleitband von Käptn Peng und Shaban, und beim Einmarsch auf die Bühne am Mittwoch im Lido trugen die Tentakel riesige weiße kissenartige Smiley-Gesichter auf den Köpfen. Der Käptn und sein Bruder hatten sich dagegen als Elefantenmensch (Shaban) und Papiertüte (Peng) verkleidet. Abgesehen davon, wie unglaublich und manisch diese Band ist, macht es immer Spaß, Menschen beim Ausleben ihrer Fantasien zuzuschauen.

Das fleißige Publikum hatte via Internet Pengs aus seinem düster schillerndem Innenleben fließende Rapkaskaden auswendig zu lernen versucht, und konnte zumindest bei den ersten vier Zeilen vieler Songs mitsingen, beim Rest hängte Peng alle ab. Was für eine fantastische Band, ob man nun Rapfan ist oder behauptet, das ginge einen nichts an: Gerade mit der Trauer um Adam Yauch („wenn ein Beastie Boy stirbt, wird man erwachsen“, sagte jüngst eine weise Frau) und den epochalen Beastie-Boys-Songs im Herzen darf man Peng und Shaban nicht übersehen.

Modezeitungen schreiben „Label to watch“, wenn sie wollen, dass man aufmerksam wird, und stellen einem hernach lahm bedruckte T-Shirts oder verschiedenfarbige Gummiarmbänder vor, die aussehen, als ob man sie auch beim Einwecken von Zwetschgen benutzen könnte. Dann doch lieber eine „Band to watch“, zudem ist Shaban so groß, dass die ersten Reihen im Lido aufpassen mussten, nicht von seinen ausufernden Armbewegungen beim Rappen getroffen zu werden. Obwohl das vielleicht für echte Fans auch schon wieder eine Auszeichnung ist: Habe ein blaues Auge vom langen Arm des Shaban. – Echt? Whow! – Bei welchem Song ist das denn passiert? – Bei „Sie mögen sich“. Und so ein blaues Auge hält ja auch länger als ein mit Kuli auf den Fanbauch gekritzeltes Autogramm. JENNI ZYLKA