Parodie und Intimität

Der Mann ist bekannt aus Funk und Fernsehen. Wilfried Hochholdinger hat zwar nie die ganz großen Auftritte gehabt, aber ausreichend Nebenrollen gespielt, dass man sein Gesicht sofort erkennt, wenn man es sieht. Was bislang kaum jemand wusste: Der Schauspieler Hochholdinger ist auch Musiker. Der 51-Jährige hat Musiken für Fernsehserien geschrieben und spielte bis Ende der neunziger Jahre in einer Rockband, die nach ihm selbst genannt wurde: Hold. Diesen Namen hat er nun reaktiviert, im eigenen Studio ein Album aufgenommen und im Eigenverlag herausgebracht.

Der Titel ist „Me“. Das sorgt zum einen für ein zweideutiges und hübsches „Hold Me“ auf dem CD-Cover, deutet aber zugleich an, was musikalisch zum Ausdruck kommt. Denn eigentlich ist „Me“ kein Album, sondern eher eine klingende Setcard. Zu keinem Moment erhält man den Eindruck, der Mensch Wilfried Hochholdinger würde nach Ausdrucksmöglichkeiten für seine Gefühle suchen. Stattdessen scheint es, als wolle der Musikant Hochholdinger vorführen, was er alles kann. Also: Singt da etwa Grace Jones? Und hier vielleicht eher R2-D2? Eifert Hochholdinger in einem Lied Serge Gainsbourg nach? Und im nächsten Harry Belafonte? Oder möchte er am liebsten Glenn Gould sein? Hochholdinger verweigert jeden persönlichen Abdruck, lässt alles offen, vor allem die entscheidende Frage: Ist das ernst gemeint oder Parodie?

Mit solchen Unwägbarkeiten muss man bei Unmap nicht rechnen. Dafür sind sie aber auch nicht bekannt aus Funk und Fernsehen, sondern die neueste Sensation aus dem Hause Sinnbus. Das Berliner Label ist für seine geschmackssichere Auswahl bekannt, und Unmap machen da keine Ausnahme mit ihrem Debütalbum „Pressures“. Nachgerade unheimlich ist es, wie Alex Stolze, der sonst bei Bodi Bill oder Dictaphone wirkt, aus überschaubaren Mitteln ein zugleich klassisch und aktuell wirkendes Klangbild zaubert. Beats, die bekannt und zugleich schräg klingen, sparsam gesetzte Synthieflächen und dazwischen viel Raum, in dem sich die Stimme von Mariechen Danz entfalten darf. Die in Berlin lebende Irin hat eine kräftige Stimme, der man anhört, dass ihre Besitzerin bislang nicht als Sängerin, sondern als bildende Künstlerin wirkte. Irgendetwas schwingt da mit, das eine besondere Intimität schafft, die aufs Schönste im Widerspruch liegt zur so eleganten wie kühlen Musik. Da ist jemand bereit für Funk und Fernsehen. THOMAS WINKLER

■ Hold: „Me“ (www.hold-art.com)

■ Unmap: „Pressures“ (Sinnbus/Rough Trade)