Der Erfolgsregisseur

SCHENKELKLOPFER Im Nachkriegsdeutschland lieferte Robert Adolf Stemmle, was das Publikum sehen wollte. In Hamburg laufen seine Filme nun im Metropolis

Kaum jemand weiß es, aber „Die Feuerzangenbowle“ ist ein Remake. Die Komödie, die so gelungen ist, dass es ihr weder bei den Kritikern und erst recht nicht beim Publikum geschadet hat, dass sie 1944 im NS-Deutschland gedreht wurde, ist bereits die zweite Adaption des gleichnamigen Romans von Heinrich Spoerl.

Auch in der ersten Fassung spielt Heinz Rühmann die Hauptrolle. 1934 hat Robert Adolf Stemmle sie inszeniert, allerdings unter den Titel „So ein Flegel“. Statt einem gibt es bei Stemmle gleich zwei von Rühmann gespielte komische Helden mit dem Namen Pfeiffer: einen Schriftsteller und seinen jüngeren Bruder, der noch zur Schule geht, und die beiden tauschen einfach die Rollen. Der Film wurde ein Erfolg, aber kein Klassiker.

Fast das Gleiche passierte Stemmle im selben Jahr noch mal. „Charleys Tante“ ist eine britische Farce aus viktorianischen Zeiten, die schon 1915 mit Oliver Hardy verfilmt wurde. Stemmle inszenierte die erste deutsche Version und die Titelrolle spielte bei ihm wieder Heinz Rühmann. In der prüden Bundesrepublik der 50er-Jahre fanden die Zuschauer solch eine Travestie höchst komisch und so hatte Rühmann 1956 in Damengarderobe seinen größten Nachkriegserfolg.

Stemmle hatte also eine Nase für gute Komödien, aber nicht genügend Witz, um auf der Leinwand das Beste aus ihnen zu machen. Er war ein solider Handwerker des Genrekinos. 1929 gründete er zusammen mit Werner Finck das Kabarett „Die Katakombe“. Für das Theater schrieb er ein Stück mit dem schönen Titel „Kampf und Kitsch“ und war 1932 einer der Autoren des Luis Trenker Films „Der Rebell“.

Mit den Frühwerken „So ein Flegel“ und „Charleys Tante“ beginnt das Metropolis-Kino eine umfangreiche Werkreihe, die im Oktober weitergeführt wird. Denn das interessante an Stemmle war, wie lange und anpassungsfähig er als Autor, Produzent und Regisseur, arbeitete: Nach dem Krieg durfte er sofort wieder Filme machen, obwohl er 1941 das Drehbuch für den Propagandafilm „Jungens“ geschrieben hatte.

1949 bekam er für die Satire „Berliner Ballade“ mit einem noch sehr schlanken Gerd Fröbe den Preis der Filmfestspiele in Venedig. In den 50er-Jahren produzierte und inszenierte er Schlagerfilme, schrieb bei Edgar-Wallace- und Winnetou-Filmen mit und drehte 1954 seinerseits ein Remake von „Emil und die Detektive.“ Gerade weil er jeweils das lieferte, was vom Publikum gewünscht wurde, kann man sein Werk auch als eine deutsche Kulturgeschichte ansehen.  HIP

Robert-Stemmle-Filmreihe: ab 1. September, Metropolis, Hamburg