Jugendförderung: Der Druck steigt

Beim Wettbewerb "Jugend trainiert für Olympia", bei dem sich Schulteams aus ganz Deutschland in verschiedenen Disziplinen messen, wird massiv für den Leistungssport geworben.

Volleyball als Strandsport? Das reicht nicht für Olympia. Bild: dpa

BERLIN taz "Warum, Markus? Warum!?" Der Betreuer wird nur einmal laut. Eine Antwort erwartet er nicht. Kurz darauf ist das Spiel zu Ende. Das Team von Georg Rädler hat verloren. Im Viertelfinale war Schluss für die Beachvolleyball-Mannschaft des Christoph-Probst-Gymnasiums aus Gilching. Allzu verärgert ist der Sportlehrer, der die Jugendlichen aus Bayern zum Bundesfinale des Schulwettbewerbs "Jugend trainiert für Olympia" begleitet hat, nicht, "auch wenn wir eine Chance gehabt haben." Dann winkt er ab: "Im Halbfinale wären wir sowieso auf die Berliner getroffen."

Ein paar Stunde später steht der Sieger fest. Es ist das Coubertin-Gymnasium - aus Berlin. Eine der 39 Eliteschulen des Sports, die es mittlerweile in Deutschland gibt. Es war ein Favoritensieg, ein Sieg einer Schule, deren vorrangiges Ziel es ist, junge Menschen an den Leistungssport heranzuführen. Das Christoph-Probst-Gymnasium aus Gilching, einer 18.000 Einwohner-Gemeinde im Landkreis Starnberg, gehört nicht dazu. Weil es in der Nähe zwei Klubs gibt, die eine passable Volleyballabteilung unterhalten, gibt es am Gilchinger Gymnasium etliche gute Beachvolleyballer. In der Wettkampfklasse 2 der 14- bis 18-Jährigen waren sie in Bayern die Besten. Deshalb haben sie sich für das Bundesfinale von "Jugend trainiert für Olympia" qualifiziert. Der Sportlehrer Georg Rädler lobt die "sportliche Einstellung" seines Teams, freut sich, dass "kein Raucher dabei" ist. Er ist stolz, dass seine Gilchinger in der Vorrunde dreimal gewonnen haben, dass sie der sportlichen Herausforderung gewachsen waren. Denn Leistungssportler sind seine Junge und Mädchen nicht. Sie werden es wohl auch nicht.

Schulteams wie das der Gilchinger werden mehr und mehr zu Zaungästen der Finaltage von "Jugend trainiert für Olympia". Denn der Wettbewerb ist zu einem Schaulaufen der Spezialschulen geworden, in denen junge Kaderathleten unterrichtsbegleitend an den Leistungssport herangeführt werden sollen. Dietmar Hiersemann, der Vorsitzende der Kommission "Jugend trainiert für Olympia" bei der Deutschen Schulsportstiftung, sieht seinen Wettbewerb als Instrument der leistungsorientierten Sportförderung. Medaillen bei internationalen Großereignissen sind das erklärte Fernziel Hiersemanns. Katrin Holtwick und Ilka Semmler haben das schon geschafft. Im vergangenen Jahr wurden sie Zweite der U23-Europameisterschaft im Beachvolleyball. Sie werden den Teilnehmern am Finalturnier in Berlin als Vorbilder präsentiert. Ilka Semmler erinnert sich an ihre Teilnahe bei "Jugend trainiert für Olympia". Die Entscheidung für den Leistungssport war damals schon getroffen. Auch sie kommt von einer Spezialschule, hat das Volleyballinternat in Münster besucht. Bald wird sie sich als Sportprofi bezeichnen. Eine Musterkarriere.

Das Finalturnier steht im Zeichen des Leistungssports. Bei der Abschlussgala in der Max-Schmeling-Halle holt sich der oberste deutsche Spitzensportförderer, Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble, seinen Applaus ab. "Ja, das ist zwiespältig", sagt Dietmar Hiersemann auf die Frage, ob man in einer Zeit, in der immer mehr Dopingdelikte aufgedeckt werden, noch Reklame für den klassischen Leistungssport machen kann. Dann spricht er von Aufklärung, von Prävention. Als Vorstandsmitglied der Nationalen Anti-Doping-Agentur ist er genau dafür zuständig. "Bei dieser Veranstaltung hier wird nicht gedopt", sagt er schnell. Und doch weiß er, wie wichtig das Thema gerade für Nachwuchsathleten ist. Bei der Ankunft in Berlin seien alle Teilnehmer an einem Infostand der Nada vorbeigeschleust worden. In der Abschlusszeitung des Bundesfinales ist der Sporthilfe-Eid abgedruckt, mit dem alle geförderten Athleten dem Doping abschwören. Die Dopingdebatte hat den ambitionierten Schulsport längst erreicht. Dass der Schulsport viel zu wenig Kinder und Jugendliche anspricht, das ist nur am Rande Thema bei "Jugend trainiert für Olympia".

Georg Rädler, der Gilchinger Sportlehrer, erzählt von seinem Sohn, der kurz vor dem Abitur steht, einen Sportleistungskurs im Gymnasium besucht. "Ich weiß nicht, ob ich ihm zu einer Karriere im Leistungssport raten würde", sagt er und findet schade, dass der Schulwettbewerb, vor allem das Finale in Berlin, immer mehr zu einer Angelegenheit der Spezialschulen wird. "Der Druck, zu gewinnen, wird doch immer höher." Er war schon einmal mit einer Schulmannschaft in Berlin. Seine Handballer sind gegen die Magdeburger Eliteschule des Sports regelrecht untergegangen. "Das war deprimierend", erinnert er sich. Vielleicht ist er ganz froh, dass sein Team eine Begegnung mit der späteren Siegerschule erspart geblieben ist.

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