Investition in altes Eisen

SHAREHOLDER-VALUE Der HSV will Bundesliga-Fußballer von Investoren finanzieren lassen. Michael Ballack scheint nur bedingt geeignet

Der kinderlose gebürtige Hamburger Klaus-Michael Kühne (73) ist Verwaltungsratspräsident und Mehrheitsaktionär der internationalen Spedition Kühne und Nagel.

■  Kühnes Wohn- und Unternehmenssitz ist seit 1975 im schweizerischen Schindellegi. Könnte was mit Steuern zu tun haben.

■  Zum Ehrenprofessor ernannte der Hamburger Senat Kühne unter anderem wegen seines Einsatzes für die Elbphilharmonie.

■  Erkenntlich zeigte der Senat sich damit auch dafür, dass Kühne 2003 die „Hamburg School of Logistics“ weitgehend allein finanziert hatte. 2007 wurde sie nach einer weiteren Großspende in „Kühne School of Logistics and Management“ umbenannt . ROR

Bei der letzten Hauptversammlung des Hamburger SV war ja eitel Sonnenschein: Der Club stand in der Tabelle gut und der Trainer, er hieß Bruno Labbadia, hielt eine Beifall umwogte Rede. Und dann sagte der Vorstandsvorsitzende Bernd Hoffmann ein paar kurze Sätze darüber, wie er sich künftig die Finanzierung von Transfers teurer Spieler, die zum HSV kommen, auch vorstellen könnte: Über Investoren.

Diese Investoren sollten keinen Einfluss auf die Aufstellung, auf den Verkauf des Spielers und so weiter haben. Der Investor partizipiert prozentual am Mehrerlös, den der HSV erzielt, wenn der Spieler geht. Wenn der Spieler, dessen Verpflichtung ein Investor mitfinanziert hat, aus welchen Gründen auch immer, den Verein ohne Ablöse verlässt, ist die Kohle futsch. In welchem Verhältnis die Transfersumme zwischen Verein und Geldgeber aufgeteilt wird, sollte vom Investitionsvolumen und der Ablösesumme abhängig sein. Ein Vabanquespiel, aber das haben wir ja an der Börse auch. „Niemand muss sich sorgen, dass der Verein stückweise verkauft wird. Die gesamte Entscheidungsgewalt bleibt zu jedem Zeitpunkt in unserer Hand“, versprach Hoffmann.

Einen schicken Namen hatte Hoffmann auch: „Anstoß 3“, weil er sich drei Investoren wünschte. Ja, ja, dachten die Anhänger des HSV, träum weiter, Bernd. Nun ist seit Wochen von einem Herrn namens Klaus-Michael Kühne die Rede, der zehn Millionen Euro über hat, und die gerne in einen Spieler investieren würde.

Kühnes Privatvermögen wird auf 6,8 Milliarden US-Dollar geschätzt, er erscheint damit in der Liste der reichsten Deutschen auf Rang 6. Das hätte beim HSV für den internationalen Wettbewerb gereicht. Das Problem ist: die Firma Kühne und Nagel wurde 1890 als Seehafenspedition in – na? – Bremen gegründet. Dort war der Firmensitz, bis er in die Schweiz verlegt wurde.

Wie zu hören ist, wäre Kühne gerne bei der Verpflichtung von Stürmer Marcus Berg, 23, der zehn Millionen Euro kostete, eingestiegen, und die Neuverpflichtung von Ibrahim Afellay, 24, der neun Millionen kosten soll, aber immer noch nicht unterschrieben hat, wäre auch eine Möglichkeit gewesen. Beides hat nicht geklappt. Es soll ein junger Spieler sein, nicht weil Kühne auf Talente steht, sondern weil da die Möglichkeit eines Weitertransfers mit Gewinn größer ist als bei einem älteren. Hat beim HSV ja in der vergangenen Jahren unter anderem bei Rafael van der Vaart, Vincent Kompany, Nigel de Jong und Jérôme Boateng gut geklappt.

Und nun soll das Modell bei einem nicht mehr ganz jungen Spieler vom FC Chelsea zum ersten Mal ausprobiert werden. Er hat im Moment keinen Vertrag, hört auf den Namen Michael Ballack und ist 33 Jahre alt. Er war noch vor kurzem Mannschaftskapitän der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, doch nach einem hässlichen Foul von Kevin-Prince Boateng im englischen Pokalfinale sitzt er mit einer hässlichen Verletzung – Abriss des Innenbandes und Teilabriss des Syndesmosebands im Sprunggelenk – in Florida im Urlaub statt in Südafrika.

Ballack kostet keine Ablöse, das macht sein Gehalt umso teurer. Er will bis zur EM 2012 weiter „auf hohem Niveau spielen“, weil er sich nicht mit Gips vom internationalen Fußball verabschieden will. Man hört von fünf Millionen Euro pro Saison und einem Vertrag über zwei Jahre, enorme 7,6 Millionen soll er bei Chelsea bekommen haben. Angeblich sollen auch Schalke, Ex-Ballack-Club Leverkusen, Wolfsburg, Liverpool und Real Madrid an ihm interessiert sein. Der HSV spielt nächste Saison nicht international, hat aber, im Unterschied zu Wolfsburg, eine internationale Schule. Und eine internationale Spedition. Nein, das war ja Bremen. ROGER REPPLINGER