PRESS-SCHLAG
: Wem gehören die Spieler?

TRANSFERS Um an Geld für neue Spieler zu kommen, verkaufen Fußballklubs die Rechte an ihren Kickern an Dritte. In Hamburg hat das nicht so gut geklappt, weil einem Milliardär die Vereinspolitik nicht gepasst hat

Die Rechte an Stürmer Miroslav Klose gehörten einst einer Lottogesellschaft

Diego ist wieder da. Der brasilianische Spielmacher, der Werder Bremen eine Zeit lang durchaus verzaubert hat, verlässt nach nur einer Saison Juventus Turin und spielt ab sofort beim VfL Wolfsburg. 15 Millionen Euro soll er dem Volkswagenklub wert sein. Es war ein Transfer, wie man ihn sich vorstellt. Zwei Klubs verhandeln, zocken, bluffen und einigen sich genau dann, wenn keiner mehr an eine Einigung glaubt.

Noch in der vergangenen Woche hatte VfL-Manager Dieter Hoeneß mitgeteilt: „Wir haben selbst das Buch zugeschlagen.“ Angeblich hatte er, der sich schon mit dem Spieler geeinigt hatte, keine Lust mehr auf das Hin und Her der Italiener. „Erst wurde Diego angeboten, dann wurde er für unverkäuflich erklärt“, sagte Hoeneß und tat so, als hätte er die Schnauze voll. Jetzt lässt er sich als Sieger in einem Transferpoker feiern. Und auch sein Verhandlungspartner steht gut da. Giuseppe Marotta, Turins Sportmanager, ist einen Spieler los, der einer verunsicherten Mannschaft in der vergangenen Saison überhaupt nicht weiterhelfen konnte und in das 4-4-2-System des neuen Juve-Trainers Luigi del Neri so gar nicht passen will. Ein guter Deal für beide Seiten, wie es scheint. Und eine schöne Verhandlungsgeschichte obendrein, in der kein fieser Nadelstreifenheini mitspielt, der sich Berater schimpft. Diego lässt für gewöhnlich seinen Papa für sich verhandeln. Und weil beim VfL Wolfsburg, dem VW-Konzern sei dank, nicht ganz so hart gerechnet werden muss wie andernorts, dürften die 6 Millionen Euro Jahresgehalt, die Diego kassieren soll, kein größeres Problem darstellen.

Beim Hamburger SV, einem gewöhnlichen Klub, der nach der 50+1-Regel der Deutschen Fußball-Liga DFL nicht von einem Investor übernommen werden darf, tut man sich da schon ein wenig schwerer mit der Finanzierung von Transfers. Eine Idee des Klubchefs Bernd Hoffmann und des deutschen Superreichen Klaus-Michael Kühne sollte da Abhilfe schaffen. „Anstoß hoch drei“ wurde das Investorenmodell genannt, das sie sich ausgedacht haben. 15 Millionen Euro wollte er dem Verein geben und im Gegenzug an Transferrechten für Spieler beteiligt werden. Auch für Kühne eine Geschäftsidee: bei einem eventuellen Gewinn aus einem Weiterverkauf der betreffenden Kicker wäre er zu einem Drittel beteiligt. 12,5 Millionen Euro hat Kühne tatsächlich investiert. Und dabei soll es bleiben. Beim HSV war es nicht allzu gut angekommen, dass sich der reiche Herr über die Transfer- und Vereinspolitik des Klubs beschwerte. Kühne gehören Rechte an den Nationalspielern Marcel Jansen und Denis Aogo und am peruanischen Stürmer Paolo Guerrero. Dabei soll es nun bleiben.

Neu ist ein derartiges Investitionsmodell indes nicht – auch nicht für die Bundesliga. Als der 1. FC Kaiserslautern 2002 kurz vor der Pleite stand, hat er der Lotto Rheinland-Pfalz GmbH – als Sicherheit für einen Kredit über fünf Millionen Euro – die Transferrecht an Klose übertragen. Als der Stürmer dann 2004 zu Werder Bremen wechselte, verdiente dabei auch die Lottogesellschaft.

Auch Rechte an Kindern wurden in Deutschland bereits verhökert. Als der heute 32 Jahre alte Tommy Haas noch ein hoffnungsvoller Teenager war, machte sich sein Vater auf die Suche nach Investoren in den Tennisarm des damals 12-jährigen Buben. Peter Haas fand 15 Privatleute, die jeweils etwas mehr als 25.000 Euro in Sohn Tommy investiert haben. Dafür sollten die Förderer später mit 15 Prozent an den Einnahmen aus Preisgeldern und Sponsoring beteiligt werden.

Verhandeln, bluffen, pokern. Einfach ist das Sportbusiness schon lange nicht mehr. Dennoch Herr Hoeneß und Signore Marotta: gute Show! ANDREAS RÜTTENAUER