Schluss mit lustig

KRAFTAKT Die Grizzly Adams Wolfsburg stehen im Play-off-Finale der Deutschen Eishockey-Liga

Witze über diesen kleinen Verein aus Wolfsburg sind nun nicht mehr angebracht

Vielleicht war die lange Schlange vor den Kassenhäuschen, die sich gleich nach dem überstandenen Krimi im Halbfinale bildete, der wichtigste Sieg eines langen Abends. Nichts gegen dieses sehenswerte Eishockeyspiel, das die Grizzly Adams Wolfsburg erst in der 87. Minute der zweiten Verlängerung mit 2:1 (1:0, 0:1, 0:0) gewonnen hatten. Aber auf ihrem Weg in das Play-off-Finale der Deutschen Eishockey-Liga, in das die Niedersachsen erstmals in ihrer jungen Vereinshistorie eingezogen sind, suchen sie immer noch nach Fans. „Diese Mannschaft hat es einfach verdient, noch mehr Zuschauer zu haben“, fand Grizzly-Trainer Pavel Gross im Moment des großen Triumphes.

Immerhin 4.087 Zuschauer, die meisten davon mit einem orangefarbenen Kleidungsstück ausgestattet, waren am Freitagabend gekommen, um etwas Außergewöhnliches zu bestaunen. Schließlich sind die Wolfsburger Spieler, deren Klub erst 2007 in die höchste deutsche Liga aufgestiegen ist, ohne Niederlage erst durch das Viertelfinale gegen die Kölner Haie und jetzt auch durch das Halbfinale gegen die Krefelder Pinguine geeilt. Ihr jüngstes Glanzstück, der hart erkämpfte Erfolg mit dem entscheidenden Treffer von Stürmer Kai Hospelt nach 86:39 Minuten, war das Ergebnis eines Kraftaktes, der großen Applaus verdient. Denn die Wolfsburger waren ihrem Gast aus Krefeld spieltaktisch deutlich unterlegen. „Aber wir haben denen keinen Zentimeter Eis geschenkt. Und wir haben im Sommer hart genug gearbeitet, um auch 80 Minuten lang Eishockey spielen zu können“, sagte Angreifer Andreas Morczinietz stolz.

Viele eingefleischte Eishockeyfans beobachten den Aufschwung der Grizzly Adams mit gemischten Gefühlen. Der kleine Verein ist zwar reich, wenn es um das nötige Geld aus der Kasse eines autobauenden Sponsors geht, aber ziemlich arm an Tradition. Doch Manager Karl-Heinz Fliegauf gelang es, abseits der großen Schlagzeilen, still und heimlich eine äußerst treffsichere und leistungsbereite Mannschaft zusammenzustellen.

Torjäger wie Ken Magowan und Norm Milley dürften angesichts ihrer Fähigkeiten mehr Ruhm für sich in Anspruch nehmen, als sie das tun. Aber keiner in diesem Team ist sich für die Drecksarbeit zu schade. Auch gegen die äußerst laufstarken Krefelder spielten die Wolfsburger immer wieder einen langen Pass hinter das gegnerische Tor, um sich dann auf harte Zweikämpfe und ruppige Duelle an der Bande einzulassen.

Es war eine Mischung aus Kampfkraft und Begeisterung, mit der sich das Team seinen Weg in die am Freitag beginnende Finalserie bahnte. Die etablierte Konkurrenz hätte nach einer langen Vorrunde der Liga, die die Wolfsburger als Tabellenführer abgeschlossen haben, gewarnt sein müssen. Witze über diesen kleinen Verein sind nicht mehr angebracht.

„Diese Mannschaft hat viel aus dem Vorjahr gelernt, als wir im Halbfinale ausgeschieden sind. Jetzt sind wir im Finale. Und dafür brauche ich niemanden motivieren“, versicherte Trainer Gross. Der Mann sah glücklich und erleichtert aus. Das Fassungsvermögen der Wolfsburger Halle von 4.500 Zuschauern ist die nächste Hürde, die der Trainer gern nehmen möchte.

CHRISTIAN OTTO