Der Kampfzwerg

Es gibt wenig gestandene Profis in der Fußball-Bundesliga, die man mal eben so in die Luft werfen und wieder auffangen kann. Von weitem sah es so aus, als würden die Spieler von Hannover 96 mit einem Balljungen jonglieren, doch es war ihr geliebter und sehr kleiner Weggefährte: Altin Lala, 1,72 Meter groß, hatte zum letzten Mal für den Verein gespielt, bei dem er seit 1998 unter Vertrag stand.

Auswärtige werden jetzt fragen: „Altin wer?“ In Hannover aber genießt dieser Mann, der in seiner langen Karriere nur ein einziges Bundesligator erzielt hat, unumstrittenen Kultstatus. „Ich bin und bleibe Hannoveraner“, hat Lala bei seinem emotionalen Abschied im Stadion gesagt.

49.000 Zuschauer, die zum Abschluss einer starken 96-Saison den erneuten Einzug in die Europa League bejubelten, bereiteten Lala einen würdevollen Abschied. Trainer Mirko Slomka hatte ihn beim zittrigen 2:1-Heimsieg über den abgestiegenen 1. FC Kaiserlautern für die letzten zehn Minuten eingewechselt.

Lala war sicher nicht der beste Fußballer in der Vereinsgeschichte von Hannover 96. Der ehemalige Kapitän durfte schon lange kein Stammspieler mehr sein, er wurde von moderneren Typen abgelöst. Seine große Stärke war über Jahre, seine Kontrahenten so richtig zu ärgern, ihnen den Ball wegzunehmen und sie dabei manchmal auch ein wenig zu treten.

Die Gegner haben ihn stets als albanischen Kampfzwerg wahrgenommen. Für die Menschen in Hannover ist der 36-Jährige ein vorbildlicher Kämpfer. Dass ein eher rustikaler Kicker wie er noch eine Saison im Amateurteam des FC Bayern München mitspielen will, klingt ein wenig merkwürdig. Aber bei genauerer Überlegung sind sein Einsatzwillen und seine Erfahrung auch für eine mit Talenten gespickte Elf sehr wertvoll.

Lala ist einer der letzten echten Kumpeltypen, die diese oft so gnadenlose Branche des bezahlten Fußballs zu bieten hat. In der Innenstadt von Hannover gibt es am Rande des Schmuddelviertels Steintor einen kleine süße Eisdiele mit Kaffeebar. Wer wollte, und das wollten viele, konnte hier regelmäßig den Altin treffen, mit ihm plaudern oder einfach nur alles Gute wünschen. Der Mann mit der Trikotnummer 8 stand dort meistens mit einem Espresso in der Hand, hat freundlich gelächelt und nahezu jeden Fanwunsch erfüllt.

Was Lala in München will, bleibt vielen Hannoveranern ein Rätsel. Wie das ohne ihn in der kleinen Eisdiele werden soll, ist auch nicht geklärt. Die ersten Espressi, die seine Fans dort ohne ihn trinken, dürften einen ziemlich bitteren Beigeschmack haben. CHRISTIAN OTTO