Üppig gepamperte Mitläufer

GOLF Vor dem Masters in Augusta schwächeln die Stars aus Europa – allen voran Martin Kaymer

„Wir über 50-Jährigen sind immer für einen Major-Sieg gut“

ALTMEISTER BERNHARD LANGER

Seltsam unbestimmt wirkt die Profigolfszene in der jungen Saison vor dem ersten Highlight, dem Masters in Augusta, Georgia. Vor allem die Stars aus Europa schwächeln. Etwa der Engländer Luke Donald, von dem viele Jahr um Jahr gedacht haben, jetzt perfektioniert er endgültig sein strategisch durchdachtes Spiel, dümpelt auf Platz 27 der Weltrangliste. Landsmann Lee Westwood wird sogar nur noch auf Position 37 geführt und fällt zusehends durch kontinuierlich zunehmenden Körperumfang auf.

Oder Rory McIlroy: Dem Nordiren, lange als Kronprinz von Branchenprimus Tiger Woods gehandelt, fehlt es seit zwei Jahren an Konstanz, seit er, geködert mit einem gigantischen Sponsorenvertrag, auf eine neue Schlägermarke umsteigen musste. Der Spanier Sergio Garcia landete zwar zwei Turniersiege im letzten halben Jahr, aber gegen Majors hat er bislang wie Westwood eine Allergie. Und Justin Rose, Peter Hanson, McDowell, Molinari, Jimenez? Sie alle gehörten noch im Herbst 2012 zum siegreichen europäischen Ryder Cup Team, dem prestigeprallen Kontinentalwettkampf zwischen den USA und Europa.

Es gibt genügend Golfer auf der Tour, die, wie der schrill gekleidete Teenie-Star Ricky Fowler aus den USA, gar nicht um jeden Preis den ganz großen Triumph brauchen. Wenn man sichere Sponsoren hat, regelmäßig passable Ergebnisse, verlässlich mittlere Preisgelder, kann man im üppig gepamperten Golfsport bestens leben. Als Mitläufer hat man weniger Medienhype, weder Zusatztermine noch Berge von Erwartungen und Prophezeiungen, an denen man dann scheitert.

So wie Martin Kaymer, 29, vor drei Jahren noch Weltranglistenerster und Hoffnungsträger des darbenden deutschen Golfsports. Seit Februar ist er erstmals seit sechs Jahren nicht mehr unter den Top 50, momentan nur noch auf 63. Eine wichtige Marke nicht nur fürs Selbstbewusstsein, denn damit ist man für alle großen Turniere automatisch startberechtigt. Und ohne große Turniere keine Weltranglistenpunkte auch für mittlere Ergebnisse. Ein Teufelskreis. Ab Ende 2015 wird auch sein automatisches Startrecht bei den vier Majors vorbei sein, das er durch seinen Sieg 2010 bei den PGA Championships sicherte.

Spötter sagen, der öffentlichkeitsscheue Mann macht nur so viele Turnierpausen, damit die Zahl der Frustauftritte überschaubar bleibt. 2013 engagierte er einen neuen Coach und beendete die Liaison bald. Jetzt soll wieder sein deutscher Schwung-Guru helfen, Günter Kessler aus Neuss. Beim Ryder Cup 2012 gehörte er noch zum 12-köpfigen Europa-Team und versenkte den entscheidenden Putt zum Sieg. Das ist erst gut anderthalb Jahre her und klingt wie eine Erinnerung an prähistorische Zeiten.

Bernhard Langer, 56, dagegen ist seine eigene Prähistorie. Durch seine Masters-Siege 1985 und 1993 ist er lebenslang startberechtigt. Für den allseits geliebten Altmeister ist Augusta, was Wimbledon für Boris Becker war. Im Vorjahr landete er auf Platz 25 (und war am Schlusstag zwischenzeitlich Vierter). „Technisch war ich nie besser als heute“, sagt Langer. Also will er beim „sensationellsten Golfturnier der Welt ganz vorne mitspielen“. Denn: „Wir über 50-Jährigen sind immer für einen Major-Sieg gut.“

Und Tiger Woods fehlt erstmals seit 1995. Ein eingeklemmter Rückennerv machte eine OP erforderlich. Er wird bis Sommer nicht spielen können. Ob der Tiger noch einmal wiederkommt? Ein malader Rücken kann hartnäckiger sein als die heftigsten Sexaffären. Nur der ewige Phil Mickelson, 43, ist auch noch da, selbstbewusster denn je: „Das kurze Spiel ist entscheidend in Augusta, damit ist der Kurs wie maßgeschneidert für mich. Ich fühle immer deutlicher, ich kann hier zum vierten Mal gewinnen.“ Um noch mal die Bedeutung für alle Profis klarzustellen: „Wenn du die Wahl hast, ein Turnier auf der Welt zu gewinnen, wird dir jeder Spieler sagen: das Masters.“

BERND MÜLLENDER