MESEBERG III: DIE RITUALDEBATTE GEGEN RECHTS VERSCHLIMMERT DIE LAGE
: Raumschiff Berlin

Die rituelle Debatte über den Kampf gegen Rechtsextremismus hat ihren Zenit erreicht: Die große Koalition streitet mal wieder über ein NPD-Verbot. Aus Sicht der Beteiligen ist diese Diskussion womöglich ein kluger Schachzug. Denn sie klingt nach viel, kostet aber nichts – niemand wird in absehbarer Zeit ein NPD-Verbotsverfahren einleiten. Darum ist auch das Gezeter des SPD-Verkehrsministers Tiefensee über den Mangel an Engagement der CDU-Familienministerin so billig: Andere schlechtmachen ist einfach und kostet ebenfalls weder Geld noch Mühen. Die von Ursula von der Leyen ins Rennen geschickte Medienente über zusätzliche 5 Millionen Euro für ihr umstrittenes Bundesprogramm gegen Rechtsextremismus ist nur der groteske Höhepunkt dieses Geplänkels.

Offensichtlich können sich die Kapitäne des politischen Raumschiffs in Berlin nicht vorstellen, dass draußen in der Provinz doch noch jemand zuhört und sie beim Wort nimmt. Damit verkennen sie die Lage dramatisch. Denn die NPD punktet vor allem bei jenen Menschen in Ostdeutschland, die glauben: Die da oben in Berlin schwafeln nur, tun aber nichts. Für diese Klientel dürfte das folgenlose Gerede über Maßnahmen gegen rechts ein weiterer Beleg für diesen Verdacht sein.

Ehrlich wäre es, wenn Politiker wie SPD-Chef Kurt Beck zur Abwechslung mal zugeben würden, dass die Krise der Demokratie im Osten zum Beispiel auch mit der Schwäche der demokratischen Parteien und ihrer Basis zu tun hat. Denn in Landstrichen wie Ostvorpommern, wo die NPD in der letzten Zeit beängstigende Rekorde feierte, machen die demokratischen Volksparteien eine lamentable Figur. Sie sind ausgedünnte, frustrierte, überforderte Vereine – der vielgescholtene FDP-Bürgermeister von Mügeln ist dafür ein Paradebeispiel. Die wenigsten Bürger wollen mit diesen Parteien noch etwas zu tun haben. Aber solche Eingeständnisse könnten kostspielige, zeitraubende Folgen provozieren. Deshalb ist schon jetzt eines sicher: Die Republik wird auch beim nächsten rechtsextremistischen Event die gleiche verlogene Ritualdebatte erleben. ASTRID GEISLER