Kommentar Schwedischer Waffenexport: Von Neutralität keine Spur

Schwedens Rüstungsindustrie lebt vom Verkauf ins Ausland. Da hat die Moral Grenzen. Der Exportboom wird mit der Anpassung an die laxeren Restriktionen der EU entschuldigt.

Der geplante Export schwedischer Waffen nach Thailand lässt einen Waffenhändler ins Blickfeld rücken, um den es sonst eher still ist. Schweden leistet sich eine Waffenindustrie, die ohne Exporte nicht lebensfähig wäre. Ihr Aufbau wurde einmal damit begründet, das Land müsse "Selbstversorger" sein; ansonsten sei seine Neutralitätspolitik nicht glaubwürdig.

Neutral nennt man sich schon lange nicht mehr, und tatsächlich selbstversorgend war der Rüstungssektor für das Militär seit Jahrzehnten nicht. Aber die überdimensionierte Waffenindustrie gibt es immer noch. Sie lebt blendend und vorwiegend von Exporten. Über Waffenlieferungen an eine Diktatur macht sich heute die konservative Regierung ebenso wenig Kopfschmerzen, wie einst der als moralische Instanz verehrte Sozialdemokrat Olof Palme keine Probleme damit hatte, sich für den Verkauf schwedischer Kanonen nach Indien einzusetzen. Für einen Krieg gegen Pakistan.

Offiziell gilt in Schweden sogar ein Waffenexportverbotsgesetz. Doch dessen Bestimmungen sind ähnlich dehnbar wie in Deutschland die "Grundsätze über den Handel mit Kriegswaffen". Im Zweifel ist damit alles begründbar, zur Not über die eigenen "Sicherheitsinteressen". Dass die schwedischen Exporte seit Jahren eine steigende Tendenz haben, wird gerne auf Brüssel geschoben. Man habe die eigene restriktivere Exportpolitik nur an die EU "angepasst". Das ist zwar nur, aber immerhin auch ein Teil der Wahrheit.

Schwedische wie deutsche Waffenschmieden sind vorwiegend nur noch Puzzleteile in einem europäischen oder transatlantischen Zusammenhang. Untersagt ein Land einmal einen Export, schleusen Waffenproduzenten diesen eben über eine Auslandstochter oder einen Partner in einem "willigeren" Land. Die EU wäre also gefordert. Aber ihre Mitgliedsländer haben sich bislang nur auf einen unverbindlichen "Verhaltenskodex" verständigen können. Seit einem Jahrzehnt scheitern alle Versuche, diesen verbindlich zu machen. Dem scheint als Motto zugrunde zu liegen: die Waffen töten ja weit weg.

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Lebt in Schweden, schreibt seit 1985 für die taz.

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