Kommentar China-Einreise: Tendenz zur Abschottung

Zu den Olympischen Spielen verschärft China seine Einreise-Regeln: Hinter jedem Studenten oder Manager könnte sich ein Demonstrant verbergen. Das gefährdet die frühere Öffnung.

"Peking begrüßt die Welt", verkünden Werbetafeln in Chinas Hauptstadt. Eine halbe Million ausländische Gäste und mehr als zwei Millionen chinesische Touristen sollen während der Olympischen Spiele im August nach Peking kommen. Spätestens seit den Unruhen in Tibet und den Protesten beim Fackellauf in Europa, Amerika und den asiatischen Nachbarn Indien und Nepal fürchten die Behörden aber, dass sich hinter jedem Besucher ein potenzieller Demonstrant verbergen könnte.

In den vergangenen Jahren war es für Ausländer in der Regel erstaunlich unkompliziert, ein Visum für China zu erhalten. Zehntausende strömten ins Land - als Studenten, Praktikanten oder Geschäftsleute. Peking und Schanghai wurden so hip wie Paris, Prag oder Dublin. Vielen Ausländern, die sich heute als Sprachlehrer, Künstler oder Fotografen durchschlagen, geht es dabei wie ihren chinesischen Altersgenossen: Sie haben mit Politik wenig am Hut und kommen in ihrem Alltag damit auch kaum in Berührung. Doch auch sie trifft nun der Argwohn der Behörden.

Viele Chinesen sind stolz auf die Öffnung ihres Landes gegenüber dem Ausland und die größeren persönlichen Freiheiten, die damit einhergehen. Zugleich fürchten sie um diesen Fortschritt. Deshalb haben die Bilder von den Demonstrationen im Ausland viele in China ernsthaft erschreckt. Die Behörden und die staatliche Propaganda verstärken das Gefühl der Unsicherheit noch, indem sie vor terroristischen Anschlägen warnen. In solchen Zeiten nehmen es die Pekinger in Kauf, dass die Regierung den Zugang für Ausländer sowie Chinesen aus anderen Teilen des Landes schärfer kontrolliert als bisher. Stabilität steht für sie an erster Stelle.

Der Unmut ausländischer Geschäftsleute oder Studenten über erschwerte Visa-Regeln wirkt da für viele zweitrangig. Ebenso wie die Sorge um das Investitionsklima. Wer in diesen Tagen mit chinesischen Freunden und Kollegen spricht, hört eine doppelte Botschaft: Zerstört uns unsere Spiele nicht. Und: Wenn uns die Welt nicht liebt, dann brauchen wir sie nicht.

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Bis Anfang 2012 Korrespondentin der taz in China, seither wieder in der Berliner Zentrale. Mit der taz verbunden seit über zwanzig Jahren: anfangs als Redakteurin im Auslandsressort, zuständig für Asien, dann ab 1996 Südostasienkorrespondentin mit Sitz in Bangkok und ab 2000 für die taz und andere deutschsprachige Zeitungen in Peking. Veröffentlichung: gemeinsam mit Andreas Lorenz: „Das andere China“, wjs-verlag, Berlin

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