SIMONE SCHMOLLACK ÜBER DIE ANDAUERNDEN DEBATTEN ZUM ELTERNGELD
: Die Gerechtigkeitslücke

Sie nehmen kein Ende, die Debatten zum Elterngeld – und drehen sich doch im Kreise. Wenn die FDP jetzt vorschlägt, dass Besserverdienende kein Elterngeld mehr bekommen sollen, klingt das zunächst nach einer gerechten Idee: Warum sollen Menschen, die so viel Geld verdienen, dass sie es kaum ausgeben können, zusätzlich noch etwas bekommen, nur weil sie ein Kind kriegen? Und wiederum jene, die jeden Cent mehr dringend brauchen, nämlich Hartz-IV-EmpfängerInnen und -AufstockerInnen, gar nichts mehr beziehungsweise nur ein paar Euro?

Trotzdem: Gerecht im Sinne des Gleichheitsgebots in Artikel 3 des Grundgesetzes ist der FDP-Vorschlag nicht. Menschen mit den gleichen Voraussetzungen, in diesem Fall der Geburt eines Kindes, dürfen bei familienpolitischen Sozialleistungen nicht unterschiedlich behandelt werden. An dieser Stelle aber offenbart sich deutlich, worin das eigentliche Problem des Elterngeldes besteht: Im Vergleich zum vorher gezahlten Erziehungsgeld, mit dem alle Eltern die gleiche Summe bekamen, war es von Anfang an ungerecht. Es teilt die Gesellschaft in drei (Eltern-)Gruppen: Gut- und besserverdienende Mütter und vor allem Väter profitieren vom Elterngeld. Für Eltern mit mittleren Einkommen änderte sich seit der Einführung des Elterngeldes im Jahre 2007 kaum etwas. Und Arbeitslose, GeringverdienerInnen und Studierende bekommen heute weniger als damals.

Mit der Streichung des Elterngeldes für Hartz-IV-EmpfängerInnen wird diese Gerechtigkeitslücke noch ein ganzes Stück größer. Die FDP-Idee verringert sie mitnichten. Die Liberalen betreiben wieder nur reine Klientelpolitik: Die Kundschaft muss doch irgendwie bei Laune gehalten werden.

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