HERMANNUS PFEIFFER ÜBER DIE WIRTSCHAFTSAUSSICHTEN DES NETZWERKS
: Der Scheinriese Facebook

Das süße Börsenabenteuer von Facebook erinnert an die Internetblase zur Jahrtausendwende

Mark Zuckerberg, Mitgründer Eduardo Saverin und Gründerfonds machen Kasse. Sie haben knapp ein Fünftel der Aktien von Facebook für 18,4 Milliarden Dollar verkauft. Es war der drittgrößte Börsengang, den Times Square und Wall Street je gesehen haben, und der Börsenwert der Aktiengesellschaft beläuft sich nun rein rechnerisch auf mehr als 100 Milliarden Dollar. Das „soziale“ Netzwerk ist damit mehr wert als der Computerriese Hewlett-Packard oder industrielle Giganten wie Daimler und Siemens.

Und doch erinnert Zuckerbergs Zauberdebüt an Michael Endes Scheinriesen, der Jim Knopf und Lukas dem Lokomotivführer zunächst eine Heidenangst einjagte. Aus der Ferne erschien Herr Tur Tur riesig gewaltig. Doch je näher man ihm kommt, desto mehr schrumpft er zusammen, bis man erkennt, dass er nicht größer ist als andere Leute auch.

Der 100-Milliarden-Dollar-Börsenneuling erzielte 2011 gerade mal 3,8 Milliarden Dollar Umsatz. Gewinne spielen die nicht einmal 4.000 angestellten Netzwerker allein von der werbenden Wirtschaft ein, die für jeden Reklameklick an Facebook einen Betrag zwischen schätzungsweise 20 und 60 Cent überweist. Ohne seine angeblich über 900 Millionen Nutzer wäre Facebook daher nichts wert. Aber was sind die Nutzer wirklich wert? Pro Benutzer, errechnete das Handelsblatt, wurden im letzten Quartal gerade mal 1,21 Dollar umgesetzt. Peanuts.

Kaum Umsatz bringt zudem die rasant wachsende Zahl mobiler Nutzer mit ihren Smartphones. Die Bildschirme sind zu klein für ausgeklügelte Reklamestrategien.

Unweigerlich erinnert das süße Börsenabenteuer von Facebook an die Internetblase zur Jahrtausendwende. Als die Spekulationsblase dann im März 2000 platzte, krachten die Börsen, gingen Abertausende Jobs unter, und die Exbosse lachten sich ins Fäustchen: Sie hatten durch die Börsengänge ihrer Scheinriesen selbst längst ausreichend Kasse gemacht.

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