DANIEL BAX ÜBER DAS STAATLICHE VORGEHEN GEGEN DIE SALAFISTEN
: Bekämpfen und zurückgewinnen

Mit Razzien in sieben Bundesländern und dem Verbot eines besonders radikalen Vereins bekommen deutsche Salafisten jetzt die Härte des Gesetzes zu spüren. Gerade erst wurde dem umstrittenen Prediger Ibrahim Abou-Nagie zudem das ALG II gestrichen, weil er über nicht angegebene Einnahmen verfügt haben soll. Der Staat zeigt Muskeln – und trifft damit nicht die Falschen.

Denn richtig ist, dass man es sehr ernst nehmen muss, wenn Salafisten gegen die Demokratie agitieren oder den Terror von al-Qaida verherrlichen. Richtig ist auch, dass die Politik nach den Ausschreitungen in Bonn und Solingen nicht zur Tagesordnung übergehen konnte. Verbote allein werden aber nicht reichen, um den Salafisten das Wasser abzugraben, zumal die meisten von ihnen weder in Vereinen organisiert noch gewalttätig sind.

Verbote liefern auch keine Antwort auf die Frage, warum die bärtigen Islamisten in ihren weiten Kutten, die einen Ur-Islam predigen, in den letzten Jahren überhaupt so viel Zulauf unter Jugendlichen erhalten konnten. Zu viel Druck hilft den Salafisten sogar, sich als Opfer staatlicher Willkür zu stilisieren – und könnte bei manchen eine Radikalisierung begünstigen.

Für Innenminister Friedrich und seine Kollegen in den Ländern bieten die Provokationen der Salafisten eine willkommene Gelegenheit, sich als Männer der Tat zu profilieren. Etwas Besseres als die bärtigen Reaktionäre, die kaum öffentliche Sympathien genießen, konnte ihnen nicht passieren. Die größere Herausforderung aber ist, jene Jugendlichen, die sich vom Salafismus fasziniert zeigen, für die Gesellschaft zurückzugewinnen – durch Aufklärung, Aussteigerprogramme und Prävention. Das verspricht weniger öffentlichen Applaus, ist aber langfristig sehr viel wichtiger.

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