BERND PICKERT ÜBER DIE NEUE WAHLKAMPFFINANZIERUNG IN DEN USA
: Organisierte Korruption

Es ist nicht das erste Mal, dass die konservative Mehrheit am Obersten Gerichtshof der USA hauchdünn die Schleusen für noch größeren politischen Einfluss von Reichen öffnet. Die jüngste Entscheidung, die Obergrenzen für private Spenden an Kandidaten und Parteikomitees zu kippen, geht in die gleiche Richtung. Aber das Urteil ist widersprüchlich.

Im Unterschied zu Spenden an die angeblich unabhängigen „Political Action Comittees“ (PAC) müssen Spenden an Parteien und Kandidaten offengelegt werden, auch weiterhin. Insofern könnte, so scheint es auf den ersten Blick, das Urteil für mehr Transparenz bei der Wahlkampffinanzierung sorgen. Bislang mussten diejenigen, die über das Limit hinaus spenden wollten, ihr Geld an die PACs geben – und da bleibt geheim, von wem das Geld kommt.

Aber: Statt das Ungleichgewicht zwischen PAC- und Kandidatenspenden zugunsten insgesamt geringeren Einflusses von Geld auf Politik auszugleichen und stärker zu regulieren, marschiert der Gerichtshof exakt in die andere Richtung.

Ein Mensch, eine Stimme – dieser unverzichtbare Grundsatz von Demokratie wird durch den Einfluss der Lobbys in den USA schon lang ad absurdum geführt. Die Verfassungsrichter fördern seit Jahren seine Abschaffung.

In der Praxis gilt: Eine Stimme ist wichtig, ein Scheck ist wichtiger. Die Summen, die für Wahlkampf ausgegeben werden, steigen seit Jahren exponentiell. Wer nicht mithalten kann, fliegt raus, und wer drin ist, stimmt im Sinne seiner Geldgeber. Das ist ein System organisierter Korruption, und es ist noch nicht einmal geheim.

Die US-Amerikaner wissen das – sie kommentieren die Arbeit des Kongresses mit ständig sinkenden Zustimmungsraten. Sie bräuchten Richter, die in ihrem Sinne entscheiden.

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