ERIC BONSE ÜBER DIE PANNEN BEI DER GRÜNEN URWAHL
: Europa braucht die Alternative

Das ist dumm gelaufen für die Grünen. Da haben sie guten Willens eine Urwahl nach US-Vorbild organisiert, um ihre Spitzen für die Europawahl zu nominieren – und dann geht keiner hin. Und von den wenigen, die sich an der Wahl beteiligen, scheidet ein Viertel wegen technischer Probleme vorzeitig aus.

Dabei sind José Bové und Franziska „Ska“ Keller eine gute Wahl. Der alte französische Vorkämpfer gegen die neoliberale Globalisierung und die junge deutsche Handelsexpertin – das ist eine originelle, vielleicht sogar zugkräftige Mischung. Allerdings wird das neue grüne Team durch die Pannen bei der Urwahl behindert. Manche stellen schon ihre Legitimität in Frage. Beim Parteitag der Grünen in Dresden könnte das zu Problemen führen. Denn ausgerechnet die auf EU-Ebene unterlegene Politikerin Rebecca Harms möchte sich dort als deutsche Spitzenkandidatin für die Europawahl nominieren lassen. Noch ist unklar, ob sich ihr Ska Keller in den Weg stellt. Klar ist aber schon jetzt, dass es kein leichter Parteitag wird. Denn hinter dem Konflikt Keller-Harms zeichnet sich auch noch eine mögliche Kampfkandidatur um Platz zwei der Grünen-Liste ab.

Man werde eine Lösung finden, gab sich der frühere Grünen-Chef Reinhard Bütikofer gestern in Brüssel sicher. Ein Messerstechen können sich die Grünen auch nicht leisten. Nach der verlorenen Bundestagswahl müssen sie die Reihen schließen, wenn das Rennen nicht von vorneherein verloren sein soll.

Europa braucht eine politische Alternative zum neoliberalen Bündnis der Merkels und Camerons. Der SPD-Kandidat Martin Schulz hat durch seine Beteiligung an der Großen Koalition in Berlin schon an Glaubwürdigkeit eingebüßt. Es wäre fatal, wenn sich nun auch noch die Grünen ins Bein schießen.

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