ULRIKE HERRMANN ÜBER DEN GRIECHISCHEN FINANZMINISTER VAROUFAKIS
: So geht Symbolpolitik

Bisher machen die Griechen alles richtig – soweit es ihre Diplomatie angeht. Direkt nach der Wahl hat die neue Linksregierung erst einmal rhetorisch eskaliert, um den Spielraum für Verhandlungen zu öffnen. Jetzt geben sich Premier Tsipras und sein Finanzminister Varoufakis konzilianter und schieben damit den anderen Euroländern die Schuld zu, falls die Verhandlungen scheitern.

Doch jenseits der Rhetorik hat sich nichts geändert. Die Griechen wollen einen Schuldenschnitt – nur nennen sie ihn jetzt anders. Jetzt reden sie von Laufzeitverlängerung, Zinssenkung und davon, dass sie Kredite teilweise zurückzahlen werden, sobald die griechische Wirtschaft wieder wächst. Diese rhetorische Strategie ist übrigens kein Zufallsprodukt, sondern wurde von Varoufakis schon vor Wochen skizziert. In seinem Blog schrieb er, man müsse den Schuldenschnitt so verpacken, „dass er für den deutschen Bundestag leicht verdaulich ist“.

Europa wird sich auf diesen Schuldenschnitt einlassen müssen. Denn Griechenland ist sowieso pleite. Es kann seine Zinsen nur zahlen, wenn es dafür neue Kredite bekommt. Von diesem Kreislauf hat niemand etwas.

Zudem sind die Euroländer erstmals in der Defensive, weil Tsipras und Varoufakis nicht nur die Rhetorik perfekt beherrschen, sondern auch ansonsten wissen, wie Symbolpolitik geht. Sie verkaufen Dienstwagen, fahren mit Privatautos ins Amt und tragen Lederjacken. Jedes Detail signalisiert: Wir sind das Volk, nicht die Elite.

Es wäre für die EU-Kommission, die EZB und die deutsche Regierung extrem gefährlich, auf stur zu stellen und zu signalisieren: Uns interessiert nicht, was ein Volk will. Dies wäre der symbolische Super-GAU, ohne dass materiell etwas gewonnen wäre. Wie gesagt: Griechenland ist sowieso pleite, aber Varoufakis und Tsipras holen aus der Pleite das Maximum heraus.

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