Gen-Gallier wider die Mais-Manipulation

Mit Türmen und Erdhügeln halten halten Protestler seit zwei Wochen ein Feld im niedersächsischen Wendland besetzt, auf dem Genmais ausgesät werden soll. Teil eines bundesweiten Protests, der auch handfest werden kann

Sie sind mit Funkgerät und Fernglas bestückt, sie graben nachts Löcher und Erdhügel. Außerdem haben die Gen-Rebellen von Laase zwei bis zu elf Meter hohe dreibeinige Türme aus Baumstämmen gebaut, oben überwachen sie in Hängematten das Feld, auf dem gentechnisch manipulierter Mais der Marke Monsanto 810 (MON810) angebaut werden soll. Auf einem besetzen Feld in Ostdeutschland ist er schon von einem ähnlichen Turm „heruntergesägt“ worden“, sagt einer der zeitweise bis zu 20 Aktivisten. In Laase hat es bislang nur Drohungen gegeben, aber noch keine Räumung. Seit zwei Wochen halten Gen-Gegner aus ganz Deutschland das gut drei Hektar große Feld „im Einklang mit der wendländischen Widerstandstradition“ unter Beschlag. Anwohner bringen den Mahnwachen und Besetzern Lebensmittel und Brennholz vorbei.

Das Feld ist nur ein Teil des Widerstands, mit dem Gegner von „gentechnisch vergewaltigten“ Pflanzen das Land derzeit überziehen. Zehn Äcker mit Gen-Pflanzen gibt es in Niedersachsen, fast 300 in Deutschland. Beim Protest dagegen kann es durchaus handfest werden. Immer noch wird ein Feld bei Northeim von einer Sicherheitsfirma rund um die Uhr überwacht. Vergeblich hatten hier im April rund 100 Protestler den Acker, auf dem genmanipulierte Zuckerrüben ausgebracht werden sollten, zweieinhalb Wochen besetzt gehalten. Nach einem Ultimatum war der Saatguthersteller KWS mit 450 Mitarbeitern angerückt, die eine Menschenkette bildeten, damit die Gen-Saat ausgebracht werden konnte.

In Laase ist bislang nur der Bauer und ein Vertreter von Monsanto, dem ein Teil der Flächen gehören, vorbeigekommen. Sätze wie „morgen kriegt ihr alle aufs Maul“ oder „ist mir doch egal, was ihr hier macht, und wenn ich im Dezember ausdrille“, sollen dabei gefallen sein. Ein Gen-Widerständler, der Geoökologie studiert und auch schon in Northeim mitmachte, hat die drohende Eskalation offenbar einkalkuliert: „Ich bin überzeugt, hier zu bleiben“.

Eine Anzeige bei der Polizei gibt es noch nicht, dem Protest wird anders begegnet. In der vergangenen Woche fand eine Lüneburger Genfeld-Besetzerin eine einstweilige Verfügung eines Düsseldorfer Monsanto-Anwalts im Briefkasten. Der Frau wird für den Fall eines erneuten Betreten des Feldes eine Strafe von bis zu 250.000 Euro oder eine Ordnungshaft angedroht. „Das macht uns keine Angst. Die Genfeldbesetzung geht weiter“, sagen die Widerständler. Der betroffene Bauer und der Monsanto-Vertreter reagierten nicht auf Anfragen der taz.

„In einer Gegend mit einer der höchsten Biobetriebsdichten in Deutschland ist das Risiko sehr hoch, die ganze Region gentechnisch zu verseuchen“, sagt Martin Hochstetter, Agrarexperte von Greenpeace. Er versteht auch nicht, warum im Wendland MON810 ausgesät werden soll. „Dort gibt es überhaupt keinen Maiszünsler“, sagt Hochstetter. Das ist der Maisschädling, gegen den MON810 durch die Genmanipulation Gift bildet. Gespannt wartet Greenpeace auf eine Entscheidung des Braunschweiger Verwaltungsgerichts. Dort haben die Umweltschützer zusammen mit Imkern Anfang Mai einen Eilantrag eingebracht, um den Anbau des in Frankreich verbotenen Gen-Mais zu stoppen. KAI SCHÖNEBERG