hausärztemangel
: Glamour oder Verantwortung

Der Mangel an Allgemeinmedizinern, auf dem Land bereits Realität, in den Städten dunkle Vorausahnung, wird sich weder schnell noch einfach beheben lassen. Zu diesem Eindruck gelangt man jedenfalls, wenn man ihn als strukturelles Problem liest, als Problem einer Gesellschaft, für die nicht Verantwortung, sondern Glamour der Schlüssel zum Leben heißt.

KOMMENTAR VON MAXIMILIAN PROBST

Fast sieht es so aus, als schauten sich die Medizinstudenten zu viele Krankenhausserien an, in denen Halbgötter in Weiß durch die Flure rauschen, in OP-Säle stürmen, das von Krankenschwestern hingehaltene Operationsbesteck greifen, kurz mal schnibbeln, um gleich wieder in den Sauseschritt zu verfallen. Nun aber der nächsten Party, den allenthalben offenen Armen entgegen, in die sich der Chefarzt oder ärztin, die letzte wirkliche Autorität einer Gesellschaft, der es noch vor dem Glamour um Gesundheit und Langlebigkeit geht, siegestrunken stürzt.

Vor dem Hintergrund dieser infantilen Wunschbilder nimmt sich die alltägliche, unaufgeregte Arbeit des Allgemeinmediziners freilich kläglich aus. Aber im Grunde genommen ist sie weit wichtiger als die der Spezialisten. Die mögen dem einen oder anderen das Leben oder sonst was retten. Der Allgemeinmediziner aber sorgt für unsere tägliches Wohlbefinden.

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