Minderheitenschutz: Sicherheit für Sinti und Roma

Schleswig-Holsteins CDU überlegt, Sinti und Roma wie schon die Dänen und Friesen durch die Verfassung zu schützen. Die Opposition fordert das seit Jahren.

Wollen besonders geschützt werden: Sinti und Roma. Bild: dpa

"Sie melden sich ein paar Wochen zu früh", windet sich die integrationspolitische Sprecherin der schleswig-holsteinischen CDU, Astrid Damerow. Bisher hat sich ihre Partei geweigert, Sinti und Roma unter Verfassungsschutz zu stellen. Doch "mittlerweile sehen auch wir Diskussionsbedarf", sagt Damerow.

Seit Jahren fordert die Opposition, die Sinti und Roma in Artikel 5 der Landesverfassung aufzunehmen. Dieser stellt zurzeit die Dänen und Friesen unter besonderen Schutz. Würden die Sinti und Roma aufgenommen, könnten sie nicht nur eigene Schulen gründen: Für die Partei der dänischen Minderheit, der Südschleswigsche Wählerverband (SSW), entfällt etwa auch die Fünf-Prozent-Hürde. Dadurch konnte die SSW bei der letzten Landtagswahl vier Sitze im Landtag erlangen.

Die CDU hatte bisher immer argumentiert, die deutschen Sinti und Roma seien anders als die Dänen und Friesen keine landesspezifische Minderheit. Außerdem fürchteten die Christdemokraten, dass etwa Polen und Türken dann ebenfalls besonderen Schutz fordern könnten - eine unbegründete Sorge. Als nationale Minderheiten gelten nach dem Bundesgesetz allein Dänen, Friesen, Sorben sowie Sinti und Roma - Gruppen, die seit Jahrhunderten in Deutschland wohnhaft sind.

"Natürlich sind die Sinti und Roma in ganz Deutschland verteilt", sagt Birte Paul, minderheitenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion. "Aber sie leben eben auch hier." Rund 5.000 autochthone, also alteingesessene Sinti und Roma sind in Schleswig-Holstein gemeldet. Bereits im 15. Jahrhundert kamen die ersten aus Indien nach Norddeutschland. In Kiel existiert das für die Sinti und Roma gegründete Wohnprojekt "Maro Temm". Das Projekt ist das einzige dieser Art in Europa, es wird von der Stadt Kiel unterstützt. Sinti und Roma sollen hier Platz haben, die eigene Kultur zu pflegen - integriert in die deutsche Gesellschaft.

Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) hat in mehreren Reden von einer Verantwortung gesprochen, die Schleswig-Holstein gegenüber der Minderheit habe. Der Meinungsumschwung in der CDU kam aber erst, nachdem sich die Minderheitenbeauftragte der Landesregierung, Caroline Schwarz (CDU), vergangene Woche für eine Verfassungsänderung aussprach.

In Schleswig-Holstein fühlten sich Sinti und Roma gegenüber den Dänen und Friesen als Minderheit "zweiter Klasse" behandelt, erklärte der Zentralrat der Deutschen Sinti und Roma. Der Minderheitenschutz könne nur Staatsziel sein, sagt Mitarbeiter Arnold Roßberg. Staatsziele selbst sind nicht vor Gericht einklagbar, bilden aber oft die Grundlage für neue Gesetze. "So hätten wir eine Norm, auf die wir uns berufen können."

Angesichts der aktuellen Roma-Politik in Frankreich und Italien könne Schleswig-Holstein mit guten Beispiel vorangehen, sagt SPD-Abgeordnete Paul. Frankreichs Präsident Nikolas Sarkozy hat seit Jahresbeginn rund 8.000 ausländische Roma nach Rumänien und Bulgarien ausweisen lassen. Doch auch dort sind sie nicht willkommen: Der ehemalige rumänische Außenminister Adrian Cioroianu forderte 2008, alle kriminellen Roma in die ägyptische Wüste zu verfrachten. "Würden sich ein paar EU-Staaten zu ihren Roma bekennen", hofft auch Roßberg, "kämen die osteuropäischen Länder unter Zugzwang."

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