Schulgesetz in Schleswig-Holstein: "Der Minister ist überfordert"

Schleswig-Holsteins Bildungsminister Klug zieht kinderfeindlichen Gesetzentwurf zurück und übernimmt Verantwortung. Opposition fordert Rücktritt oder Neuwahlen.

Soll nach dem Willen der Opposition zurücktreten: Schleswig-Holsteins Bildungsminister Ekkehard Klug. Bild: dpa

KIEL taz | Es begann als Posse, jetzt gerät der schleswig-holsteinische Bildungsminister Ekkehard Klug (FDP) zunehmend unter Druck. Gestern übernahm er die "politische Verantwortung" für einen Schulgesetz-Erlass seines Ministeriums.

In dem Papier stand unter anderem, dass Eltern, die für ihre Kinder das Abitur nach neun Jahren möchten, nachweisen müssten, dass der "physische oder psychische Gesundheitszustand des Kindes eine längere Lernzeit notwendig" mache.

Die Wahl zwischen Turboabitur G8 und klassischem G9 an den Gymnasien ist in Schleswig-Holstein laut Gesetz wieder möglich. Der Erlass wurde eiligst zurückgezogen, nachdem ausgerechnet Klugs Parteifreund und FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki auf die "kinderfeindlichen Formulierungen" hingewiesen hatte. Er vermutete "illoyales Verhalten der sozialdemokratisch durchzogenen Ministerialbürokratie".

Klug sagte gestern Mittag, "Zuständigkeiten, Arbeitsabläufe und Entscheidungswege" seien bereits verändert worden. In dem umstrittenen Entwurf seien "Entscheidungskriterien formuliert worden", falls es an Gymnasien, die gleichzeitig Klassen mit kürzerem und längerem Weg zum Abitur anbieten, zu Engpässen kommen sollte. Die Version hätte "so nicht von mir freigegeben werden dürfen", räumte Klug ein.

Der Opposition reicht das nicht. Sie fordert, dass der politischen Verantwortung personelle Konsequenzen folgen. "Und das kann nach all dem Chaos, das er mit dem Schulgesetz angerichtet hat, nur heißen: Zeit für Sie zu gehen, Herr Klug!", so Jürgen Weder, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD. Die Beschäftigten des Ministeriums - das jahrzehntelang sozialdemokratisch geführt war - zu beschuldigen, sei ein "schäbiges Ablenkungsmanöver".

Der grüne Fraktionschef Robert Habeck sagte, Klug habe sich "hinter seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern versteckt und gehofft, dass der Kelch an ihm vorbei ziehen möge. Aber die Zuständigkeiten und Entscheidungswege, von denen Klug spricht, münden alle bei ihm."

Auch Anke Spoorendonk (SSW) befand: "Die Ministeriumsleitung war nicht in der Lage, einen Text korrekt zu lesen, obwohl er eine der sensibelsten Fragen der Landespolitik betraf. Dies lässt nur den Schluss zu, dass der Minister überfordert ist." Dennoch sei Klug mangels anderer Kandidaten in der FDP "alternativlos". Spoorendonk forderte schnelle Neuwahlen.

Wolfgang Kubicki erklärte gestern, Klugs Reaktion sei "angemessen". Dass "Mitarbeiter des Ministeriums" den Passus ins Gesetz geschrieben hatten, nannte er eine Tatsache. Auch CDU-Fraktionschef Christian von Boetticher blieb dabei, dass die Verwaltung die Schuld trage. "Ein Entwurf mit derartigen Formulierungen darf gar nicht vorgelegt werden", sagte er. Rücktrittsforderungen seien aber absurd.

Bleibt die Frage, warum Kubicki seinen Parteifreund ohne Warnung in die Schusslinie brachte. Habeck sinniert: "Haben sie keine Telefonnummern voneinander oder versucht die FDP ihren eigenen Minister loszuwerden?"

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