Anzeige gegen Atomfreund erstattet

GORLEBEN Saß er nun im Atomforum oder nicht? CDU-Politiker Grill soll im Ausschuss falsch ausgesagt haben

Auf seine alten Tage steht dem Lüchow-Dannenberger CDU-Politiker und Pro-Atom-Veteranen Kurt-Dieter Grill womöglich ein Ermittlungsverfahren ins Haus. Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Sylvia Kotting-Uhl hat den 67-Jährigen wegen uneidlicher Falschaussage angezeigt. Grill habe als Zeuge im Gorleben-Untersuchungsausschuss des Bundestages falsche Angaben zu seiner Mitgliedschaft in der Lobbyorganisation Deutsches Atomforum gemacht, sagte Kotting-Uhl am Montag der taz.

Der Ausschuss soll die Umstände klären, unter denen die Regierung von Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) im Jahr 1983 entschied, nur den Gorlebener Salzstock auf eine Eignung als Atommüllendlager zu prüfen. Am 24. Februar war Grill als Zeuge vor das Gremium geladen. Er war von 1974 bis 1994 Landtagsabgeordneter in Niedersachsen und saß von 1994 bis 2005 im Bundestag. Der CDU-Mann setzte sich von Beginn an für den Bau des Endlagers in Gorleben ein.

Das Atomforum führt Grill in seinen Jahresberichten für 1996 und 1997 als Mitglied des Verwaltungsrates, der sich laut Satzung aus Mitgliedern des Atomforums zusammensetzt. Auch der Internet-Enzyklopädie Wikipedia zufolge war Grill „früher Mitglied im Deutschen Atomforum“.

Auf Fragen Kotting-Uhls bestritt Grill im Ausschuss laut Protokoll ausdrücklich eine Mitgliedschaft im Atomforum. „Ich war nie Mitglied des Atomforums“, sagte er. Auch dem Verwaltungsrat des Atomforums habe er zu keinem Zeitpunkt angehört. „Ich bin kein Mitglied des Verwaltungsrates des Atomforums gewesen. Ich habe es abgelehnt, dort Mitglied zu werden.“

Aus Sicht der Grünen-Politikerin Kotting-Uhl liegt somit „der Verdacht nahe, dass der Zeuge Grill in seiner Vernehmung die Unwahrheit gesagt hat“. Treffe dies zu, wäre es eine uneidliche Falschaussage.

Vor der Niedersachsen-Wahl 1990 hatte Grill Parteifreunde in Wahlvorständen aufgefordert, darauf zu achten, welche als CDU-freundlich bekannten Wähler noch nicht ihre Stimme abgegeben hatten. Diese sollten dann per Telefon noch zum Urnengang ermuntert werden. Der örtliche Wahlleiter sah das Wahlgeheimnis in Gefahr. Die Staatsanwaltschaft lehnte die Eröffnung von Ermittlungen ab. Zu der neuerlichen Anzeige gegen ihn wegen uneidlicher Falschaussage wollte sich Grill gestern nicht äußern. REIMAR PAUL