Der Minister mit der Motorsäge

Hans-Heinrich Sander sieht sich als Praktiker. Deshalb hat er selbst zur Motorsäge gegriffen, als es darum ging, die Elbtalaue hochwassersicher zu machen. Das hätte nicht für Aufsehen gesorgt, hätten die hinderlichen Bäume nicht im Biosphärenreservat gestanden, und wäre der Mann nicht der Landesminister für Umwelt und Klimaschutz. Die fragwürdige Aktion trug ihm einen Rüffel der EU ein.

Der heute 66-jährige FDP-Mann bezeichnet sich als begeisterungsfähig und hält Treue für seine beste Eigenschaft. Seit 2003 schon ist er Amt. Im Laufe der Jahre ist er mit zahllosen Rücktrittsforderungen konfrontiert worden. Meilenweit liegen seine Positionen von denen anderer Umweltschützer entfernt – Positionen, die er überdies provokativ vertritt: Unvergessen ist sein Auftritt im Schacht Konrad 2003, als er ein T-Shirt mit der Aufschrift „Kerngesund“ in die laufenden Kameras hielt.

Sander ist ein Streiter für die Atomkraft, forderte deren weltweiten Ausbau und längere Laufzeiten für die drei niedersächsischen Meiler noch im vergangenen Jahr. Von Umweltverbänden mag er sich in seinem Amt nicht beraten lassen, obwohl er selbst Mitglied des Nabu ist. Ansprechpartner sieht er eher in der Wirtschaft, der Industrie und – als Nebenerwerbsbauer – in der Landwirtschaft. Weil Sander damit nicht hinterm Berg hält, entzog ihm der Nabu die Schirmherrschaft für seine Jubiläumstour.

Angesichts dieser Prioritäten verwundert es nicht, dass Sander bis zum Ende seiner Amtstage bei den Naturschützern anzuecken gedenkt. Kurz vor seiner Pensionierung nimmt er Anfang November gemeinsam mit 20 anderen Politikern an einer Jagd im Nationalpark Harz teil. Die Jagd soll die Wildpopulation in Schach halten, die Teilnahme daran war aber bisher vor allem Profijägern vorbehalten. Selbst eigene Mitarbeiter rieten ab.

Gestern verkündete Hans-Heinrich Sander, dass er zum 17. Januar 2012 zurücktreten werde. Nachfolger wird voraussichtlich sein Staatssekretär und Parteifreund Stefan Birkner. NIHO