Deutschlandfahne ungefährlich

PATRIOTISMUS II Niedersachsens Innenminister Schünemann nennt Bedenken gegen das Fahnenschwenken „abwegig“. Straftaten von Nationalisten hätten rund um Fußballwettkämpfe bislang nicht zugenommen

Die Linke korrigiert: Allein nach dem WM-Aus 2006 habe es 120 Festnahmen gegeben

In Niedersachsen hat die FDP-Fraktion „Fußballpatriotismus“ in Schwarz-Rot-Gold zum Thema im Landtag gemacht. Die „Patriotismus? Nein danke“-Kampagne der Grünen Jugend nahm sie zum Anlass für eine Dringliche Anfrage an Innenminister Uwe Schünemann (CDU).

Wie er Warnungen der Grünen-Jugendorganisation bewerte, man könne „gute PatriotInnen“ und „schmuddelige NationalistInnen“ im Fahnenmeer nicht unterscheiden, wollten die Liberalen gestern von Schünemann wissen. Der erklärte derlei Bedenken schlicht für „abwegig“: Das „Schwenken der deutschen Fahne“ habe „überhaupt nichts mit einem verfehlten Hurra-Patriotismus zu tun“, sagte er im Landtag in Hannover. Und bekam dafür lautstarken Zuspruch von CDU und FDP.

Über die Heitmeyer-Studie, nach der die Befragten nach der WM 2006 nationaler eingestellt waren als zuvor (siehe Text oben), wollte Schünemann unterdessen nicht sprechen: Eine Bewertung sei nicht nötig, da sein Landeskriminalamt weder bei den Welt- noch bei den Europameisterschaften der letzten Jahre eine Zunahme an Straftaten gewaltbereiter Nationalisten verzeichnet habe, wich er Nachfragen der Landtagsgrünen aus.

Eine Darstellung, die der Linken-Abgeordnete Victor Perli korrigierte: So seien 2006 allein nach der WM-Niederlage Deutschlands gegen Italien bundesweit 120 Personen festgenommen worden – meist wegen Ausschreitungen gegen Italien-Fans. Im niedersächsischen Quedlinburg ermittelte die Polizei wegen schweren Landfriedensbruchs: 25 Personen hatten vor dem Eiscafé von Perlis Eltern anti-italienische Parolen gerufen, Möbel umgeschmissen und Flaschen geworfen, Perlis Eltern standen zeitweise unter Polizeischutz.

Auch wenn die große Zahl der Fans zur EM ohne Zweifel „ein fröhliches Fest“ feiere, so Perli: Gewalttätige Ausschreitungen dürfe Schünemann im „parteipolitischen Streit“ nicht unterschlagen. THA