DIE EM VOM NORDEN AUS (10)
: Sportschau mit Ralph Giordano

ist nicht der Onkel des Fußballers Wayne Rooney – und eben dadurch 2006 berühmt geworden

MARTIN ROONEY

Ralph Giordano wurde am 20. März 1923 als Sohn einer jüdischen Mutter und eines sizilianischen Vaters in Hamburg-Barmbek geboren. Er besuchte das Johanneum, ein humanistisches Gymnasium, das er als „Mischling ersten Grades“ – laut Nürnberger Rasse-Gesetzen – zwei Jahre vor dem Abitur verlassen musste.

Als Verfolgter durchlitt er die Grausamkeiten der Nazis. Die Gestapo folterte ihn drei Mal und brachte ihn dabei fast um. Nach seiner Befreiung am 4. Mai 1945 in seiner Vaterstadt durch die „Wüstenratten“ der 8. britischen Armee arbeitete er als Journalist. Sein neuer Essay-Band „Von der Leistung, kein Zyniker geworden zu sein“ erschien im Frühjahr dieses Jahres.

Den in Köln lebenden Hamburger Schriftsteller mit dem roten Schal scheint man durch die Medien gut zu kennen. Doch den Humoristen und den Tierliebhaber – Favoriten: Wombat Rolf und Labradorwelpe Knuffi-Kirschauge – kennt die breite Öffentlichkeit nicht.

Über seine sportlichen Vorlieben sprach ich mit dem Schriftsteller. „Beim Fußball ist es wie beim Boxen: erst, wenn es um etwas geht, erwacht mein Interesse“, sagt er. Und zwar „ziemlich oben, das heißt beim Fußball nicht unter der Bundesliga, um von dort dann über die EM zur WM zu klettern. Beim Boxen heißt das Klitschko, mit sporadischen Ausnahmen“, sagt Giordano. „Ohnehin hat es beim Fußball lange gedauert, bis ich begriffen hatte, was ‚Abseits‘ bedeutet – eine höchst abschaffbare Regel, finde ich.“

Noch länger habe er gebraucht, um zu begreifen, dass Fußball keineswegs ein Sport sei nur für die Doofen – unter strengem Ausschluss jeglicher Intellektualität. Zum Glück, betont er, habe er diesen Hochmut überwinden können.

Seine späte Freude am Fußball verdanke er seinem alten Freund Walter Jens, mit dem er sieben Jahre lang, von 1933 bis 1940, in Hamburg-Winterhude die Bänke der Gelehrtenschule des Johanneums gedrückt habe. Jens habe, bekennt Giordano empathisch, „in Zeiten staatlich verordneten Liebes- und Freundschaftsverlustes mir immer treu zur Seite gestanden“.

Erst viel später las Giordano von den Sympathien, ja Besessenheit des inzwischen berühmt gewordenen Rhetorik-Professors für Fußball. So kamen erst Zweifel, dann wachsender Zorn auf die hartnäckigen eigenen Fehleinschätzungen.

„Wer wird Europameister?“, frage ich abschließend. Wie aus der Pistole geschossen antwortet der 89-Jährige: „Ich hoffe, Deutschland.“