Der Diplomat

Er selbst hat eine katholische Grundschule besucht. Bülent Uçars Vater war Bergarbeiter und aus der Türkei nach Oberhausen gekommen. Er wollte, dass es an der Schule seines Sohnes religiös zugeht. Im Abitur ließ sich Uçar dann in evangelischer Religion prüfen. Er habe so gerne mit dem Lehrer diskutiert, sagt der Mann, der bald am bundesweit größten Institut in Osnabrück Imame ausbildet.

Uçar ist 35 Jahre alt und arbeitet gerade an seinem zweiten Doktortitel, an dem in Islamischer Theologie. Dann wird er alle Seiten kennen: Uçar hat Recht studiert, Politik und Islamwissenschaften, die akademische Sicht auf den muslimischen Glauben. Er war Lehrer für Islamkunde und Fortbilder des nordrhein-westfälischen Kultusministeriums, Professor an der Universität Osnabrück und Mitglied der Islamkonferenz.

Bülent Uçar ist glaubwürdig. Er hat sich unter deutschen Muslimen wie auch in der Politik einen Namen gemacht. Der beste Gelehrte aus der islamischen Welt könne bei Problemen im deutschen Alltag nicht helfen, glaubt er. Wer vermitteln will, braucht viele Perspektiven.

So wie damals, als der Anwalt von Schalke 04 bei Uçar anrief. „Mohammed war ein Prophet, der vom Fußballspielen nichts versteht“, heißt es in der Vereinshymne, worüber sich strenggläubige Muslime echauffierten. Islamkritiker hielten dagegen, ein Streit war entbrannt. Uçar schrieb ein Gutachten, das beide Seiten besänftigte: Der Prophet habe lange vor der Erfindung des Fußballs gelebt – wie sollte er das Spiel beherrscht haben?

Sein Institut für Islamische Theologie wurde vom Bund mit 6,6 Millionen Euro ausgestattet, um deutsche Imame auszubilden. Uçar hört Kritik von beiden Parteien: von denjenigen, die ihm vorwerfen, die Gesellschaft zu islamisieren und von denen, die sagen, er würde die Religion mit seiner Lehre verwässern. Islamlehrer benötigten „diplomatisches Geschick im Umgang mit muslimischer Diversität“, hat er einmal gesagt. Uçar gibt sein Bestes. KLU