KOMMENTAR: ILKA KREUTZTRÄGER ÜBER VIDEOÜBERWACHUNG
: Hinkende Argumente

Unsicher fühlen sich Menschen vor allem dort, wo sie sich nicht auskennen

Geht es um die Videoüberwachung im öffentlichen Raum, hinkt irgendwie immer die Argumentation. Die Kameras sollen kommen, weil Menschen sich unsicher fühlen. Man will also etwas Sichtbares gegen die Angst tun: Seht her, wir kümmern uns um euch! Gehen dann, wie jetzt in Wilhelmshaven, die Sachbeschädigungen im überwachten Bereich zurück, wird das als Erfolg gefeiert: Man hat etwas Zählbares vorzuweisen. Aber der Zusammenhang zwischen gefühlter Unsicherheit und zählbaren Straftaten ist eben nicht gegeben.

Das ständig herangezogene Sicherheitsgefühl ist keine feste Größe, die auf messbaren Variablen beruht. Aus Studien, die beispielsweise das Kriminologische Institut der Uni Hamburg durchführte, geht vielmehr hervor, dass die Straftaten und die Angst an einem Ort nur sehr wenig miteinander zu tun haben. Unsicher fühlen sich die Menschen vor allem dort, wo sie sich nicht auskennen. Wer am Stadtrand wohnt, fürchtet sich vor der Kneipenmeile – ob da nun eine Kamera filmt oder nicht.

Und dann schwingt in der Debatte auch noch das Versprechen mit, dass es möglich sei, jegliche Kriminalität zu verhindern – und damit jede Angst zu vertreiben. Das ist Unsinn: Abweichendes Verhalten gehört dazu und wird auch mit noch so vielen Kameras nicht verhindert. Mit ihnen verschiebt man den Angstraum höchstens um die nächste Ecke.

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