Vorfahrt für Rechtsabbieger

Ein Grundstück an der Schwachhauser Heerstraße wird um 80 Quadratmeter kleiner, damit der Autoverkehr Platz hat, den er dort laut eines Gutachters aber gar nicht braucht

von Felix Zimmermann

Überquert man die Schwachhauser Heerstraße an der Ecke Graf-Moltke-Straße, sieht alles ganz harmlos aus: Eine Straße, mehrere Spuren, in der Mitte die Gleise für die Straßenbahn. Man muss genau hinsehen, dann wird man Bernd Lantin verstehen.

Er ist Eigentümer in dem Wohnhaus, das an der Ecke steht, schräg gegenüber der Ansgari-Kirche. Lantins Mutter wohnt in dem Haus, durch den Garten verläuft – markiert durch purpurfarben bepinselte Pfosten – jene Linie, die schon bald das Grundstück begrenzen wird. Zwei Meter werden fehlen, um Platz für den Fußweg zu schaffen.

Der fehlt, seitdem die Schwachhauser Straße an dieser Stelle um eine Rechtsabbiegerspur in die Graf-Moltke-Straße erweitert wurde. Und diese Spur ärgert Lantin. Denn wo seiner Ansicht nach eine drei Meter breite kombinierte Geradeaus- und Rechtsabbieger-Spur auf den Asphalt hätte gepinselt werden können, entstand – neben einer separaten Linksabbieger-Spur – eine fünf Meter breite Spur, auf der je ein Pfeil den Weg nach rechts und einer geradeaus weist. Zwei Meter zu viel – also genau das, was dem Grundstück genommen werden wird, auf dem das Haus steht, in dem Lantin eine Wohnung gehört. Jetzt können dort drei Fahrzeuge nebeneinander fahren oder vor der roten Ampel warten, dabei ist der Bedarf an dieser Stelle viel geringer als auf der diagonal gegenüber liegenden Seite der Kreuzung, wo die Hollerallee von der Schwachhauser Heerstraße abgeht: „Dort biegen siebenmal mehr Autos ab als von der Schwachhauser in die Graf-Moltke-Straße“, sagt Lantin, und trotzdem wird sein Grundstück abgeknapst.

Das hätte nicht sein müssen, wenn sich die Eigentümergemeinschaft einig gewesen wäre, aber die Frist, innerhalb derer gegen den Planfeststellungsbeschluss hätte geklagt werden können, lag schon lange zurück. Hoffnung knüpfte Lantin an den gestern anberaumten Termin in der Enteignungsbehörde beim Bausenator. Da ging es um die vorzeitige Besitzeinweisung des für den Bau des Fußweges benötigten Grundstückabschnitts. Damit kann mit dem Fußwegbau begonnen werden, bevor das Grundstück in den Besitz der Stadtgemeinde übergegangen ist. Es eilt, weil zur Zeit für Fußgänger kein Platz ist und sie sich irgendwie mit Radfahrern arrangieren müssen.

Bernd Lantin hoffte, „mit Sachargumenten“ noch etwas für das Grundstück tun zu können, aber er drang nicht durch. Und nun wird es kommen, wie es die purpurnen Pfosten erahnen lassen: Das Grundstück wird angeknapst, obwohl das nicht hätte sein müssen. Immerhin sollen die dort stehenden Bäume stehen bleiben dürfen.