Die goldene Brücke zur Kunst

ZWISCHENNUTZUNG Ausstellung, Modeperformance, Konzerte, Performances, Kurzfilme und Vorträge – Studierende der Kunsthochschule bespielen das alte Kabawerk im Holzhafen

Schon der Weg zu Horst ist spektakulär: Über eine Brücke gelangt man zum ehemaligen Kaba-Werk

von Andreas Schnell

Bis Anfang der neunziger Jahre wurden hier die Produkte der Marke „Kaba“ hergestellt, der Name ursprünglich eine Abkürzung für „Kakao- und Bananenpulver“. Jetzt haben zehn Studierende des Studiengangs Integriertes Design im ehemaligen Kaba-Werk auf dem Kaffee-HAG-Gelände ein Projekt initiiert, „um alle Studierenden der Kunsthochschule an einem Ort zu versammeln“, wie Jule Osten erklärt, die dem vierköpfigen Organisationsteam angehört.

„Die Hochschule hat zwei Standorte, und auch sonst arbeiten die Studiengänge oft für sich. Wir wollten einen Ort schaffen, wo die Studierenden die Möglichkeit haben, zusammen an etwas zu arbeiten. Und das funktioniert hervorragend.“ Die temporäre Galerie mit dem schönen Namen Horst, der keinen tieferen Sinn habe, wie Osten sagt, wirkt auf den ersten Blick schwer überschaubar. Zumal der erste Blick hinein nur einen Bruchteil der 2.000 Quadratmeter großen Ausstellungsfläche erspäht.

Schon der Weg zu Horst ist spektakulär: Wer an der Haltestelle Jadestraße ankommt, wird über eine goldene Brücke zur Galerie geleitet. Auf zwei Ebenen sind seit gestern dort Arbeiten von über 80 Künstlern und Künstlerinnen zu sehen, die aus allen Studiengängen der Kunsthochschule kommen, vom Design über digitale Medien, freie Kunst und Musik. Allerdings: nicht alle gleichzeitig. Am Sonntag nämlich schließt „Horst I“, die Ausstellung wird ab- und „Horst II“ aufgebaut. „Wir wollten möglichst vielen die Gelegenheit geben, sich zu zeigen“, sagt Jule Osten. Zu den ausstellenden Künstlern gehören vor allem Studierende, aber auch einige Alumni kehren für Horst zurück an ihre alte Wirkungsstätte, und ein Werkstattleiter der Hochschule zeigt Fotografien.

Den Wendepunkt des Projekts bildet am Mittwochabend ein Kurzfilmprogramm in der Kaba-Bar, wo es natürlich auch Kaba-Getränke gibt: Eine Spende von Kraft Foods, die Kaffee HAG mitsamt Kaba 1979 kaufte.

Einen Tag vor der Ausstellung wird noch emsig gearbeitet. Schon die Erschließung des Gebäudes stellte die Truppe vor beträchtliche Herausforderungen: Sämtliche Kabel waren geklaut worden, die Elektrizität musste neu installiert werden. Dabei stießen die Junggaleristen auch auf künstlerische Spuren, die andere hinterlassen hatten. Eine Weile hatten sich ein paar Graffiti-Künstler im Kabawerk eingerichtet und dort nicht nur gesprayt, sondern zeitweise auch gewohnt. „Das ist das lehrreichste Projekt, an dem ich bislang mitgewirkt habe“, sagt Osten. „Das macht es auch so wertvoll.“ Und Professor Alexander Sahoo, der das Projekt begleitet, vermutet: „Das ist wohl das erste Mal, dass Studierende ein Projekt dieser Größenordnung organisieren.“ Er selbst hält sich bewusst zurück. Die Studierenden haben das Projekt initiiert und kommen laut Sahoo bestens zurecht. Wenn es brennt, sei er aber zur Stelle.

Mit dabei ist auch ein Mann, für den die Örtlichkeit eine ganz andere Bedeutung hat: Manfred Siebert war lange Jahre Betriebsrat bei HAG, als hier noch Erdbeermilch und Kakao angerührt wurden. Er bietet während der Ausstellungstage Führungen durch das Gebäude an. Und auch Vorträge im Marmor-Saal nebenan wird es geben (samstags und sonntags, 15 Uhr), dort wo früher der Kaffee verkostet wurde und die Firmenchefs zu Mittag speisten. Auch für das Publikum also eine lehrreiche Sache.

Am Sonntag in einer Woche ist dann Schluss. Was dann mit dem Gelände geschieht, in das die Firma Sirius Facilities bereits Millionen investiert hat, steht in den Sternen. Die Graffiti-Kunst im Kabawerk soll aber bleiben.

■ bis 11. Juli, Sa, 14-22 Uhr, So, 14-18 Uhr, Mi, 18-24 Uhr, Kabawerk auf dem Kaffee-HAG-Gelände im Holzhafen in der Überseestadt. Weitere Informationen im Internet: horst-galerieprojekt.blogspot.com