Zank um marinen Umweltschutz

WISSENSCHAFTSPOLITIK Seit 1996 arbeitet Gauss für Umweltschutz im Seeverkehr. Nun hat der Wirtschaftssenator das Thema entdeckt und als erstes den Gauss-Chef vor die Tür gesetzt

Der Grünen-Politiker Frank Willmann will nun doch nicht Geschäftsführer der Gauss werden

Von Klaus Wolschner

Im dritten Stock des alten Backsteingebäudes der Nautiker von der Hochschule Bremen sitzt Gauss, die „Gesellschaft für Angewandten Umweltschutz und Sicherheit im Seeverkehr mbH“. Fünf Experten kümmern sich um Umweltschutz-Probleme der Meere und Fragen der Schiffssicherheit. Klassischerweise werden da MitarbeiterInnen von Offshore-Windenergieanlagen in Sicherheitsfragen geschult, Gauss hat aber auch die Kriterien für den „Blauen Engel“ im Schiffsverkehr entwickelt. Seit einigen Jahren nutzt Gauss systematisch die Daten von Erderkundungssatelliten und hat die Koordination des Europäischen GMES-Projektes übernommen, in dem die Weltraum- und Rüstungsfirmen wie Astrium und OHB mit der Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt (DLR) zusammenarbeiten.

Ein kleines, vielseitiges Institut also, das zum Bereich des Wissenschaftsressorts gehörte und zudem schwarze Zahlen schreibt, seitdem vor einigen Jahren Christian Bahlke die Geschäftsführung übernahm.

Dennoch oder gerade deswegen hat das Wirtschaftsressort 2009 eine Konkurrenzfirma mit Namen Ceon gegründet, deren geplante Aufgabenfelder sich teilweise mit denen von Gauss überschnitten. Da Ceon einen Mitarbeiter von Gauss abgeworben hat, muss allen Beteiligten das Problem bekannt gewesen sein. Wenige Monate nach der Ceon-Gründung stellte der Senat fest, dass da zwei bremische Firmen dasselbe Feld beackern – und der Wirtschaftssenator ließ sich den Auftrag geben, ein „Integrationskonzept“ zu formulieren. Der Hintergrund: Dessen eigene Firma Ceon hatte auf dem Markt große Probleme, an Förderung und Aufträge zu kommen, weil sie als Newcomerin kaum etwas vorzuweisen hatte. In einem Hochglanz-Prospekt präsentierte sich die Ceon folglich mit den Projekten anderer.

Aus dem „Integrationskonzept“ ist bisher nichts geworden, es gibt schlicht keines, aber der andere Teil des Senatsbeschlusses wurde umgesetzt: Gauss wurde aus dem Bereich des Wissenschaftsressorts überführt in die Zuständigkeit der Wirtschaftsförderung Bremen. Erster Akt der neuen Mehrheitseigner: Der Vertrag des erfolgreichen Geschäftsführers der Gauss wurde Ende 2010 nicht verlängert, die Stelle neu ausgeschrieben. Eine Begründung für einen solchen Akt gibt es üblicherweise nicht, weil es sich um vertrauliche Personalangelegenheiten handelt. Bahlke musste sich neu bewerben – die Wahl der Gesellschafter fiel allerdings nicht auf ihn, sondern auf den Hafenexperten der Grünen-Fraktion, Frank Willmann. Der hatte in der Vergangenheit in der Wirtschaftsdeputation für Gauss gestritten, ist aber von der Ausbildung Theologe und Tischler. Was die Wirtschaftsförderer, in deren Aufsichtsrat Willmann sitzt, sich bei diesem Vorschlag gedacht haben, ist vertrauliche Personalangelegenheit. Willmann hätte, sagt er, sein Abgeordnetenmandat niedergelegt.

In Kreisen der Koalition allerdings hat der Personalvorschlag in dieser Woche die große Sorge ausgelöst, es könnten Filz- und Kungel-Vorwürfe erhoben werden. Willmann zog daraufhin seine Gauss-Bewerbung zurück.