„Es gibt immer eine Chance“

EVENT An der Universität findet erstmal eine „Lange Nacht der ungeschriebenen Hausarbeiten“ statt

■ 55, ist Psychologin und seit elf Jahren Leiterin der Studierwerkstatt an der Uni Bremen.

taz: Viele Studierende schreiben ihre Arbeiten auf den letzten Drücker. Warum erheben Sie das auch noch zum Event, Frau Schubert-Henning?

Sylvia Schubert-Henning: Weil es eine Tatsache ist, dass die Studierenden darunter leiden, dass sie ihre Arbeiten liegen lassen. Wir nehmen das Ernst. Das Schreiben erfordert viel Ruhe und Konzentration. Das hat in einem Studienalltag, der von früh bis spät Veranstaltungen vorsieht, kaum Platz, zumal viele Studierende auch noch einen Job haben. Das ist ein altes Phänomen, ist aber im Bachelor-System zu einem noch gravierenderen Problem geworden.

Wie kann man Ruhe und Konzentration in einer Massenveranstaltung finden?

Rein formal ist das sicher nicht die geeignete Voraussetzung. Aber wir wollen, dass die Leute zusammenkommen, sich austauschen, sehen, dass sie mit ihrem Problem nicht alleine sind. Unser Ziel ist, dass alle anfangen zu schreiben. Wenn man erst einmal im Fluss ist, kommen die anderen Schritte schneller. Die Leute sollen Spaß daran finden, an einer Idee zu bleiben.

Sehen Sie es als Ihre Aufgabe, die Studierenden zu retten?

Das hieße ja, das sie schon fast verloren sind. Ich finde nicht, dass sie verloren sind.

Und die chancenlosen Fälle?

Das Wort nehme ich nicht so gerne in den Mund. Ich denke, es gibt immer eine Chance. Aber man muss dann vielleicht qualitative Abstriche machen. Im Bachelor sind die Anforderungen an Hausarbeiten generell nicht mehr so hoch wie früher. Das Maß ist erreichbarer geworden.

Anders gesagt: Das wissenschaftliche Niveau ist niedriger.

Das würde ich so nicht sagen. Die Studierenden werden engmaschiger abgeprüft und müssen mehr im Lernen bleiben.

Wie lange können die Leute heute bei Ihnen arbeiten?

Bis wir nicht mehr können. Das Ende ist offen. INT.: Jan Zier

Ab 20 Uhr, Studierhaus, Boulevard