"Das ist der letzte Versuch"

CDU Die designierte Parteichefin Rita Mohr-Lüllmann über schädliche Basisdemokratie, Hoffnung auf neuen Korps-Geist, Verantwortung und die Politik der Ausgrenzung

Rita Mohr-Lüllmann will die CDU einen. Bild: mnz

taz: Frau Mohr-Lüllmann, Sie haben die Mitgliederbefragung der CDU gewonnen. Aber war die auch gut für die Partei?

Rita Mohr-Lüllmann: Ich bin begeistert, das jedes zweite Mitglied mitgemacht hat. Das heißt, das ihnen die Partei nicht egal ist. Bei uns war die Beteiligung auch höher als bei vergleichbaren Mitgliederbefragungen in anderen Landesverbänden. Aber die Reaktion einiger Funktionäre auf das Verfahren - das ich im Prinzip ja sehr befürworte - hat der Partei Tag für Tag mehr geschadet. Das war für die CDU nicht zuträglich.

Die Partei hat mit dieser neuen Basisdemokratie mehr denn je vermittelt, dass sie zerstritten und gespalten ist.

Das stimmt. Das liegt daran, dass einige Funktionäre sich nicht zurückgehalten haben - sondern anfingen, die Mitglieder zu beeinflussen. Das ist nicht in Ordnung. Auch wenn die Basis am Ende frei entschieden hat.

War das also ein Sieg der Basis über die Funktionäre?

Nein. Aber mir ist klar geworden, dass die Stimmung in der Stadt und unter den Mitgliedern eine ganz andere ist als bei den Parteifunktionären.

Ist der Streit jetzt zu Ende?

Ich mache da einen Strich drunter. Mein Auftrag ist jetzt, nach innen zu wirken, mit möglichst jedem zu sprechen und klar zu machen: Das ist der letzte Versuch, die Partei zu einen.

Aber wie soll eine Partei wieder geeint werden, in der sich die Mitglieder gegenseitig empfehlen, die "Fresse zu halten"?

Dazu bedarf es vieler intensiver Gespräche. Die Partei ist nur geschlossen eine Alternative zu Rot-Grün in dieser Stadt. Es macht keinen Sinn, an Sieg zu glauben, wenn wir an der Basis nicht selbstbewusst ein Wir-Gefühl, Korps-Geist entwickeln.

Die CDU in Bremerhaven - deren Repräsentant der bisherige Parteichef Thomas Röwekamp ist - fühlt sich schon wieder abgehängt.

Ich reiche jedem die Hand. Und jeder ist frei, mein Angebot anzunehmen. Was gibt es stärkeres als ein Mitgliedervotum? Dahinter müssen wir uns jetzt versammeln.

Gut die Hälfte der Mitglieder war weder bei den Regionalkonferenzen noch haben sie abgestimmt. Wie wollen Sie die erreichen?

Ich werde Veranstaltungsreihen machen, neue Gremien bilden und viel mehr vernetzen. Und ich will damit auch Nicht-Mitglieder erreichen. Die Partei muss sich Gedanken machen, wo sie in zehn Jahren steht - und Überzeugungsarbeit leisten. Es gibt in der Stadt viele, die mir politisch nahe stehen, aber nicht Mitglied sind. Auch von denen will ich wissen, was sie erwarten, welche Ideen sie haben.

Diese Leute wurden zuletzt wohl eher abgeschreckt.

Aber es sind auch nicht viele davongelaufen. Sie haben jetzt die Hoffnung auf einen Neuanfang.

Und wie können Sie den repräsentieren - als gescheiterte Spitzenkandidatin?

Ich habe bis heute hohe Sympathiewerte und großartige Unterstützerkreise. Viele in der Partei sagen: Das Wahlergebnis wäre noch schlechter ausgefallen, wenn ich nicht Spitzenkandidatin gewesen wäre.

Außer Ihnen beiden mochte auch niemand antreten ...

... was mich überrascht hat. Es wollte niemand die Verantwortung übernehmen. Ich hätte nichts gegen ein oder zwei weitere Bewerber gehabt.

Wie soll die "neue Führungskultur" aussehen, die Sie nun versprechen?

Ich bin angetreten, weil ich nicht die Politik der Ausgrenzung vertrete. Ich will eine Integrationskraft sein - und habe dafür ja auch Hartmut Perschau gewinnen können. Er ist bis heute sehr beliebt.

War der Generationenwechsel in der CDU, den Röwekamp angestoßen hat, völlig falsch?

Falsch war, auf die Erfahrung und Ideen langjähriger Mitglieder zu verzichten. Menschen, die viel für die Partei getan haben, fühlten sich nicht mehr wertgeschätzt. Das war ein großer Fehler.

Wollen Sie da nicht das Rad der Zeit wieder zurückdrehen?

Nein. Ich will ja alle Gruppierungen der Partei mitnehmen. Aber mehr als die Hälfte der CDU-Mitglieder ist in Perschaus Alter.

Und er steht für bessere Zeiten der Bremer CDU.

Vielleicht. Er ist durchweg sympathisch und glaubwürdig.

Haben Sie sich schon mit Thomas Röwekamp versöhnt?

Wir hatten noch keine Gelegenheit, in Ruhe zu sprechen. Wir werden das spätestens im Januar nachholen und nach vorn schauen. Ich gehe davon aus, dass wir unsere Zusammenarbeit professionell und fair organisieren.

Wollen Sie nun die Partei im Vergleich zur Fraktion stärker profilieren?

Die Partei muss mehr Raum bekommen, denn sie kommt in der Öffentlichkeit bislang kaum vor. Wenn, dann sprach die Fraktion.

Gibt es eigentlich inhaltliche Unterschiede zwischen Ihnen und Thomas Röwekamp?

Wir sind nicht deshalb angetreten, weil wir programmatisch anders aufgestellt sind. Es wird jetzt mehr Verhandlungen und Absprachen geben müssen. Und ich will die Mitglieder auch in großen Fragen einbeziehen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.