„Historischer Optimismus“

FACHTAG Der Zusammenhang zwischen sozialer Krise und wachsendem Rechtspopulismus

■ 61, ist geschäftsführender Direktor des Instituts für Vergleichende Bildungsforschung und Sozialwissenschaften an der Kölner Universität.

taz: Herr Butterwegge, was fällt einem als Diskriminierungs-Experte ein, wenn man nach Bremen reist?

Christoph Butterwegge: Dass Bremen ganz überwiegend sozialdemokratisch regiert wurde, was zum Beispiel hinsichtlich Migration und Integration zu einem toleranten und weltoffenen Image geführt hat.

Die SPD-Regierung fällt beim Blick von Außen stärker ins Gewicht als etwa das Ertränken eines Asylbewerber, um vermutete Drogen auszuleiten?

Trotzdem hat Bremen im bundesweiten Maßstab ein liberales Image, etwa im Vergleich zu Hamburg, wo sich Innensenator Schill als rechtspopulistischer Scharfmacher profilierte.

Sie haben 1980 in Bremen promoviert und dann unter anderem bei der Stiftung für Rüstungskonversion gearbeitet. Muss man bezüglich der Konversionsbemühungen nicht auch ein ernüchterndes Fazit ziehen?

Solche Entwicklungen verlaufen in Wellenbewegungen. Ich glaube schon, dass unsere damalige Arbeit dazu beigetragen hat, die Problematik Bremens als großer Rüstungsstandort ins Bewusstsein zu heben. Aber in der Tat gab es nach dem Mauerfall einen zu großen Optimismus, dass mit dem Wegfall des Ost/West-Konflikts ein gewaltiger Fortschritt weg von der Rüstungsproduktion möglich wäre. Es gab eine enorme Aufbruchstimmung, in der auch renommierte Friedensforscher darauf wetten, dass etwa der „Jäger 90“, also der heutige Eurofighter, nicht gebaut würden. Heute muss man feststellen, dass die in Bremen ansässigen Rüstungsunternehmen weiterhin sehr gute Exportchancen haben. Es gibt eben immer Kräfte und Gegenkräfte.

Das klingt nach einem letztlich statischen Weltbild, trotz der Binnendynamik.

Fortschritt ist nicht linear, aber ich bin davon überzeugt, dass wir auf dem Weg zu einer friedlicheren und humaneren Welt voranschreiten. Da habe ich einen historischen Optimismus und lasse mich auch gern als „Weltverbesserer“ bezeichnen, obwohl das mittlerweile zu einem Schimpfwort geworden ist.

Interview: Henning Bleyl

Vortrag Butterwege: 11 Uhr im Gewerkschaftshaus am Bahnhofsplatz 22, anschließend bis 19 Uhr Programm des „Fachtags für eine diskriminierungsfreie Gesellschaft“. www.ada-bremen.de