Mehr Bedürftige, aber nicht mehr Geld

SOZIALES Wohlfahrtsverbände fordern mehr Geld vom Sozialressort. Seit drei Jahren wurden die Mittel nicht erhöht, obwohl die Zahl der Pflegebedürftigen steigt

„Ein selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden ist nur mit begleitender Hilfe möglich“

Arnold Knigge, Vorstandssprecher der Freien Wohlfahrtspflege

Die freien Wohlfahrtsverbände fordern eine Erhöhung der städtischen Zuwendungen um fünf Prozent. Seit drei Jahren liegen diese bei 1,6 Millionen Euro. Auf einer Fachkonferenz mit Vertretern aus Parteien und Verwaltung stellte die Landes-Arbeits-Gemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (LAG) gestern ihren Jahresbericht vor. Auch Staatsrat Horst Frehe nahm teil. Sein Ressort aber hatte eine Erhöhung der städtischen Zuwendung für die Sozialverbände bereits abgelehnt.

„Nun müssten die Koalitionsfraktionen den Antrag aufgreifen“, fordert der Vorstandssprecher der LAG Arnold Knigge, mit Verweis auf den Koalitionsvertrag. Dort heißt es, der „demographische Wandel“ müsse begleitet, eine „Beratungsinfrastruktur“ weiterentwickelt werden. Und: Die Dienstleistungszentren seien „unverzichtbar“ für die soziale Infrastruktur in Bremen.

17 solcher „Dienstleistungszentren“ existieren in Bremen, betrieben von der Arbeiterwohlfahrt, der Caritas, dem Paritätischen Wohlfahrtsverband und dem Deutschen Roten Kreuz. Die Zentren wenden sich vor allem an ältere und chronisch kranke Menschen. Ihnen vermitteln sie ehrenamtliche NachbarschaftshelferInnen oder bieten Beratung für deren Angehörige, auch die Arbeit im Quartier spielt einer große Rolle.

„Wenn die Zuwendungen weiter stagnieren, oder sogar gekürzt werden, können einige Leistungen nicht mehr ausgeführt werden“, warnt Knigge. Denn: „Alle gehen davon aus, dass die Zahl der Pflegebedürftigen weiter steigen wird.“ Die Ausgaben für das festangestellte Personal in den Dienstleistungszentren stellen den größten Kostenfaktor da.

Die Zentren existieren bereits seit 37 Jahren. Detlef Luthen von der Paritätischen Gesellschaft hält das System aber dennoch für „hochmodern“: Die Förderung aus öffentlichen und privaten Zuwendungen sowie das Engagement vieler Ehrenamtlicher sei ein „Alleinstellungsmerkmal der Stadt Bremen“. Fast 4.000 freiwillige HelferInnen betreuen rund 5.000 hilfebedürftige Menschen.

„Ein selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden ist nur mit begleitender Hilfe möglich“, so Knigge. Unterm Strich sei die Betreuung zu Hause auch für die Stadt günstiger, denn die Kosten für Pflegeheime seien weitaus höher. „Das ist oft auch ein Familienersatz, denn 70 Prozent der Betroffenen leben allein“, betont Bernhard Loheide von der Arbeiterwohlfahrt.

Arnold Knigge ist zwar skeptisch, eine Erhöhung der Zuwendungen noch im laufenden Jahr zu erreichen, aber dann müsse man eben „mittelfristig planen“. „Die Hoffnung stirbt zuletzt“, betont er mit Blick auf das Haushaltsjahr 2013.  TDI