Jetzt wird agiert statt reagiert

ZIVILGESELLSCHAFT Eine Internet-Plattform bietet Hamburger die Chance, sich mit eigenen Ideen an der Stadtplanung zu beteiligen. Gefördert wird das Pilotprojekt vom Bund

Einmal monatlich wählen die Mitglieder eine „Topidee“, die mit Fachleuten weiterentwickelt wird

VON SILKE RITTER

Die Betroffenen von vornherein an der Stadtentwicklung mitwirken zu lassen, ist das Ziel der Initiative Nexthamburg. In einem Internetportal stellen Bürger ihre Ideen vor und entwickeln sie gemeinsam mit Anwohnern und Experten weiter. 2008 von einer Gruppe Hamburger Architekten und Stadtplaner ins Leben gerufen, wird die Online-Community seit April 2009 als Pilotprojekt vom Bundesministerium für Verkehr, Bauen und Stadtentwicklung gefördert. Bis 2011 soll Nexthamburg ausloten, welche Möglichkeiten Online-Partizipation bei der Stadtentwicklung bietet.

Heute herrscht zwischen Stadtentwicklern und Anwohnern oft ein großes Misstrauen. Ob es um einen mächtigen Ikea-Neubau in der ehemaligen Altonaer Fußgängerzone geht oder um das Bernhard-Nocht-Quartier, ein Investorenprojekt auf St. Pauli: Die Anwohner bekommen oft erst spät Wind von den Plänen und können bestenfalls noch reagieren.

Nexthamburg will das ändern. Auf www.nexthamburg.de können Hamburger ihre Ideen öffentlich machen, sie diskutieren und mit Fachleuten weiterentwickeln. „Wir wollen Stadtentwicklung zur gemeinsamen Sache der Bürger machen und versprechen, mit ihnen für die Umsetzung ihrer Ideen zu kämpfen“, sagt Nexthamburg-Gründer Julian Petrin.

Mitwirken in der Online-Community kann jeder. Zum Einstieg sind die Besucher aufgerufen, sich in der Ideensammlung umzuschauen. In Kategorien wie Ökologie, neue Arbeitsorte oder Kunst und Kultur finden sich Vorschläge der Mitglieder. Wer eine Idee unterstützen will, kann der Community beitreten.

Ganz vorne rangiert derzeit die Untertunnelung der Willy-Brandt-Straße, einer nach dem Krieg geschlagenen Schneise, die die Innenstadt vom Hafenrand trennt. Die Idee, die ein User ins Netz stellte, wurde von anderen ergänzt. Verweise auf eine ähnliche Maßnahme in Boston zeigen, dass der Vorschlag nicht utopisch ist. Vierzehn Unterstützer konnte die Tunnel-Idee bisher gewinnen.

Wer selbst aktiv werden möchte, kann Ideen zur Diskussion stellen. Einmal monatlich wählen die Mitglieder eine „Topidee“ aus, die gemeinsam mit Fachleuten weiterentwickelt wird. Zweimal im Jahr kürt die Community eine der Topideen für eine Zukunftsstudie. So wird aus der Idee ein Projekt. Nexthamburg veranstaltet außerdem offene Workshops, bei denen sich die Laien-Stadtentwickler treffen und gemeinsam neue Vorschläge ausbrüten können.