Provokation vor dem Dreikönigstreffen: Denkanstöße von Gerhardt

FDP-Politiker weisen die Kritik ihres Ex-Vorsitzenden Gerhardt zurück. Nur der Alt-Liberale Baum meint, er habe eine "wichtige Debatte" angestoßen.

Keine Kritik, nur so ein paar Anregungen: Wolfgang Gerhardt Bild: dpa

BERLIN taz Zumindest eines ist Wolfgang Gerhardt mit seiner Provokation zum Jahreswechsel gelungen: Mitten im Landtagswahlkampf und kurz vor dem traditionellen Stuttgarter Dreikönigstreffen der FDP an diesem Wochenende hat der ehemalige Partei- und Fraktionsvorsitzende die Liberalen unvermutet in die Schlagzeilen katapultiert.

Für Irritationen in der FDP-Führung sorgten weniger die Thesen eines 18-Seiten-Strategiepapiers, das Gerhardt verfasst hat, als die Attacken, mit denen er sein Opus garnierte. Denn die richteten sich unmissverständlich gegen seinen Nachfolger an der FDP-Spitze - Guido Westerwelle. "Man kann nicht als One-Man-Show kurz vor der Bundestagswahl Kaninchen aus dem Hut zaubern", polterte Gerhardt, der seit seinem Rückzug von der Fraktionsspitze der parteinahen Friedrich-Naumann-Stiftung vorsteht, im Handelsblatt. Gleichzeitig forderte er ein klareres Profil: "Wir werden nur regieren können, wenn die FDP eine innere Philosophie erkennen lässt." Derzeit schöpfe die Partei ihr Potenzial nicht aus. Sie müsse die "liberalen Kernthemen wie Marktwirtschaft, Bildung, Außenpolitik, Bürgerrechte" besser präsentieren. Am Rande kündigte Gerhardt an, 2009 wieder für den Bundestag zu kandidieren.

Westerwelle reagierte verschnupft auf die Ratschläge seines Vorgängers. "Ich gehe meinen Weg unbeirrt weiter", kündigte er in der Welt an. Da war ihm die FDP-Spitze bereits zur Seite gesprungen. Von einer "One-Man-Show" könne keine Rede sein, sagte die Vize-Fraktionschefin, Birgit Homburger. Zudem enthalte das Papier "nichts Neues". Generalsekretär Dirk Niebel ergänzte, unter Westerwelle habe die Partei 35 von 40 Wahlen erfolgreich bestritten.

Doch völlig alleine steht Gerhardt mit seiner Kritik nicht. Der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum zum Beispiel lobte, er habe eine "notwendige und wichtige Debatte" angestoßen. Die FDP habe zuletzt wichtige Wählerschichten verloren. Das sei aber nicht allein Westerwelle anzulasten, sondern auch den jungen Liberalen. "Ich vermisse, dass der Nachwuchs sichtbar das Profil der Partei prägt", sagte Baum der taz. "Wo bleiben die jungen Leute, die glaubwürdig darstellen, was die FDP will?" Der Nachwuchs müsse sich nun in die Debatte einschalten.

Beim Parteinachwuchs indes scheint Kritik am Chef nicht en vogue. Die Diskussion sei ein "Sturm im Wasserglas", sagte der 34-jährige Spitzenkandidat für die Landtagswahl in Niedersachsen, Philipp Rösler, der taz. Gerhardt habe weder neue Botschaften noch Lösungsvorschläge geliefert. Er jedenfalls sei zufrieden mit Westerwelles Führungsstil.

Und Gerhardt? Der beteuert inzwischen, er habe keine Kritik an Westerwelle üben wollen. Bloß gebe es nie "Denkanstöße" ohne "Reibung".

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