Bundesregierung kollektiv skeptisch

BERLIN taz ■ Der Außenminister war gestern bei seinen EU-Amtskollegen in Brüssel, der Auswärtige Ausschuss des Bundestags trifft sich heute in Berlin zu einer Sondersitzung, die Kanzlerin reist morgen zum russischen Präsidenten in die Schwarzmeerstadt Sotschi und nächste Woche nach Tiflis: Der Kaukasuskonflikt dominiert mitten in der Sommerpause auch das politische Berlin.

Auf Regierungsebene mühen sich dabei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), zumindest offiziell eine einheitliche Line zu vertreten. „Sie wissen, das Bundeskabinett ist ein Kollektivorgan“, antwortete der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg gestern auf Fragen nach Differenzen innerhalb der Regierung. Die Haltung gegenüber einer möglichen Friedenstruppe der Europäischen Union sei „kollektiv skeptisch“.

Unterhalb der Ministerebene geben sich die Koalitionspolitiker schon seit Kriegsbeginn weniger harmonisch. Während Christdemokraten die Verantwortung für die Eskalation des Konflikts eher bei Russland sehen, neigen Sozialdemokraten häufiger zu Vorwürfen gegenüber Georgien. Bei den Oppositionsparteien sieht es kaum anders aus, hier stehen sich etwa grüne Menschenrechtler und linke Russlandfreunde gegenüber.

Merkel will sich nach den Worten des Regierungssprechers an solchen Schuldzuweisungen nicht beteiligen. „Es hat im Kabinett ausdrücklich kein Verständnis für eine Seite gegeben“, sagte Steg. Die Bundeskanzlerin habe betont, dass die EU zu Russland eine einheitliche Haltung bewahren müsse und den Gesprächsfaden nicht abreißen lassen dürfe. Für die Bundesregierung sei zentral, dass die „Souveränität und territoriale Integrität Georgiens“ außer Zweifel stünden. Es sei auch inakzeptabel, wenn die Legitimität der demokratisch gewählten Regierung von Präsident Saakaschwili in Frage gestellt werde.

Gleichzeitig mühte sich die Regierung, die Erwartung an Merkels morgige Sotschi-Reise nicht allzu hoch zu schrauben. Die Kanzlerin reise nicht als Vermittlerin, betonte Steg. Bei dem Treffen mit Medwedjew werde sie den Konflikt jedoch „in aller Offenheit und auch in der gebotenen Kritik erörtern“. RAB