Kredite für Griechenland: Eine Frage der Ehre

Den Griechen ist es egal, wer ihnen Kredit gibt. Sie bitten sogar den Internationalen Währungsfonds um Hilfe – und packen die Euro-Länder so bei der Ehre.

Hilfe! Papandreou bei Obama. Bild: reuters

BRÜSSEL taz | Griechenlands Premier Giorgos Papandreou besprach sich gestern in Washington mit US-Präsident Barack Obama, bat um Hilfe gegen spekulative Wetten auf Griechenlands Bankrott und sprach vermutlich auch über die Idee, seinem Land vom Internationale Währungsfonds IWF unter die Arme greifen zu lassen. Angela Merkel und Jean-Claude Juncker signalisierten zur gleichen Zeit bei ihrem Treffen in Luxemburg "Zustimmung" zu Wolfgang Schäubles Idee, einen Europäischen Währungsfonds einzurichten.

In Brüssel will die EU-Kommission bis zum Sommer erste Ideen präsentieren, wie ein solches Hilfsinstrument für krisengeschüttelte Euroländer aussehen könnte. Nachdem es wochenlang aus Kreisen der EU-Regierungen hieß, die Griechen sollten selber das Sparen lernen, geben sich plötzlich alle hilfs- und gesprächsbereit.

Denn seit Papandreou den in Washington angesiedelten Internationalen Währungsfonds IWF als Nothelfer für die griechische Schuldenkrise ins Spiel gebracht hat, werden die anderen Euroländer nervös. "Wenn Kalifornien ein Finanzproblem hat, würden die USA auch nicht den IWF zur Hilfe rufen", erklärte Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker Mitte Februar. Der IWF könne allenfalls technische Hilfe geben. Wenige Tage zuvor hatte Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ), ein Parteifreund von Papandreou, Kredite mit Unterstützung des Internationalen Währungsfonds angeregt.

Die Euroländer fürchten um das Prestige ihrer Währung. Sie wollen den Eindruck vermeiden, dass sie Hilfe von jenseits des Atlantiks brauchen, um den Staatsbankrott eines Eurolandes abzuwenden. Die Griechen hingegen machen klar, dass es ihnen letztlich egal ist, wo die Kredite herkommen – Hauptsache sie bleiben bezahlbar. Unterstützung erhalten sie aus der Sozialistischen Fraktion des Europaparlaments. Deren Fraktionschef Martin Schulz hatte schon vor Wochen vorgeschlagen, bei der Europäischen Investitionsbank einen Hilfsfonds für Griechenland einzurichten.

Parteichef Poul Nyrup Rasmussen fordert einen Trust-Fund der Euroländer, der Kredite zu günstigen Zinsen auf dem Kapitalmarkt aufnehmen und an bankrottgefährdete Länder weiterreichen kann. Damit würden Euroländer wie Deutschland oder Frankreich indirekt für ihre ärmeren Verwandten bürgen. Von einer solchen Lösung könnten demnächst auch die beiden sozialistisch regierten Länder Spanien und Portugal profitieren, die ebenfalls unter den enormen Kreditzinsen leiden, die ihnen am Kapitalmarkt abverlangt werden.

So weit gehen die Überlegungen von Merkel, Juncker und Sarkozy derzeit aber noch nicht. Merkel erklärte zwar gestern, sie finde die Idee eines Europäischen Währungsfonds "gut und interessant". Doch es müsse geklärt werden, wer einzahle und wie unabhängig er von der EU-Kommission sei. Vor allem: "Ohne Vertragsänderung können wir einen solchen Fonds nicht bilden." Deshalb komme er auch für Griechenlands Probleme mit Sicherheit zu spät.

Die EU-Kommission kündigte am Montag an, sie wolle bis zum Sommer einen Vorschlag vorlegen, wie der Fonds gestaltet sein soll - ein für europäische Verhältnisse geradezu atemberaubendes Tempo. Ob der Fonds nur für die Eurozone aufgelegt werde oder für die gesamte EU und ob dafür eine Vertragsänderung nötig sei, vermochte der Kommissionssprecher aber gestern nicht zu sagen.

Weitaus wichtiger seien der Kommission vorbeugende Maßnahmen wie verstärkte Wirtschaftskoordinierung und engere Überwachung der nationalen Wirtschaftspolitiken - auch dazu werde es bis zum Sommer einen Vorschlag geben. Gestern Nachmittag schob Kommissionspräsident Barroso eine Garantieerklärung für Griechenland nach: "Die Kommission hat mit den Mitgliedern der Eurozone einen Mechanismus ausgearbeitet, den Griechenland im Notfall nutzen kann." Die Märkte werden aber mehr Details hören wollen, bevor die Zinsen sinken.

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