Der milliardenschwere Freundschaftsdienst

FACEBOOK Das größte Aktienmarktdebüt aller Zeiten steht bevor. Das soziale Netzwerk soll Milliarden an der Börse einspielen

VON FALK LÜKE

BERLIN taz | Das soziale Netzwerk Facebook steht unmittelbar davor, den Börsengang zu beantragen. Das verlautete am Mittwoch aus dem Umfeld der Internetfirma in San Francisco. Ziel des Ganzen: Geld in die Kassen zu spülen einerseits, andererseits langjährigen Investoren das „Kassemachen“ ermöglichen. Denn vor allem diese finanzierten das Bindeglied zwischen über 800 Millionen Menschen in den vergangenen sieben Jahren. Facebook kalkuliert zunächst vorsichtig und will offenbar mit lediglich 5 Milliarden Dollar an die Börse.

Die Schätzungen, wie viel die gesamte Firma tatsächlich wert ist, gehen auseinander. Auf 75 bis 100 Milliarden Dollar soll der Gesamtwert der Firma steigen, erwarten Analysten. Das wäre doppelt so viel wie etwa der Wert der Autobauer Daimler und BMW. Jedes einzelne Nutzerprofil bei Facebook wäre durchschnittlich bis zu 125 Doller wert.

Dabei verzeichnet Facebook nur 2 Milliarden Euro Umsatz – einen Bruchteil dessen, was alte Industrieunternehmen, aber auch andere Netzkonzerne wie Google, IBM oder Apple erwirtschaften. Offenbar gibt es viel Fantasie, was das Netzwerk in der Zukunft noch einspielen könnte. Das liegt vor allem an der schieren Nutzerzahl: Ein Zehntel der Weltbevölkerung hat mittlerweile bei Facebook ein Profil angelegt.

Was am 4. April 2004 als eine Studentenunternehmung begann, führt nun zu einem Börsengang, der die Ausrichtung der Firma nachhaltig verändern könnte. Bislang glich Facebook eher einem Familienunternehmen: Der Gründer Mark Zuckerberg, sein Clan und seine Freunde hatten das Sagen. Und das, obwohl es diverse Großinvestoren gibt wie den russischen Internetunternehmer, der das Mail.ru-Imperium betreibt, und die Firma Microsoft, die 2007 in einem Beteiligungswettstreit Google überbot und für 1,6 Prozent des Facebook-Unternehmens etwa 200 Millionen Euro auf den Tisch legte. Damals schätzte der Windows-Hersteller den Wert von Facebook auf 15 Milliarden Euro – auch Microsoft-CEO Steve Ballmer dürfte sich über den Börsengang also freuen. Gleiches gilt für viele Investoren der ersten Stunde, aber auch für Angestellte: Sie können nun ihre Anteile versilbern, die ihnen die Arbeit bei Zuckerberg einst versüßt haben.

Zielgenaue Anzeigen

Mittelfristig könnte sich auch für die Nutzer einiges ändern: Die vielen neuen Teilhaber dürften darauf drängen, bald belohnt zu werden. Zwar arbeitet Facebook bereits profitabel, doch von den Margen eines Unternehmens wie Google ist das Netzwerk meilenweit entfernt. Die globale Suchmaschine hat 2011 knapp 38 Milliarden Euro Umsatz gemacht. Für Facebook heißt das: Es muss deutlich mehr Werbekunden gewinnen und teurere, zielgenaue Anzeigen verkaufen. Auch deshalb setzt die Firma auf den Timeline-Look (siehe oben).

Dies könnte durchaus zulasten Googles und anderer gleichartiger Firmen im Netz gehen. Doch Facebook hat einen großen Nachteil: Es hat nur ein einziges Produkt – sich selbst.

Während Google, Apple und Microsoft mit einem ganzen Portfolio von Seiten, Hard- und Software in verschiedenen Segmenten unterwegs sind, muss Facebook darauf vertrauen, dass die Nutzer nicht weglaufen – beispielsweise zur Konkurrenz Googles Plus oder zum nicht börsennotierten Twitter.

Mark Zuckerberg selbst gilt nicht als Freund des Börsengangs. Der erst 27-jährige Gründer der Firma, der auf dem Papier bereits zum Multimilliardär aufgestiegen ist, hätte das Unternehmen wohl gern noch etwas länger von der Börse ferngehalten. Doch ab 500 Anteilseignern müssen US-Unternehmen umfangreichen Öffentlichkeitspflichten nachkommen – und diese Zahl ist nun wohl erreicht.

Wenn Facebook nun zum Börsengang schreitet, könnten die Papiere schon im Spätfrühling an der New Yorker Börse gehandelt werden.