Die nächste Klage kommt bestimmt

JURA Hans Barlach hält Verfahren für einen rechtswidrigen Trick

FREIBURG taz | Für Hans Barlach ist es zwar eine erneute Niederlage, doch sie kommt für ihn nicht überraschend. Dass die Gläubigerversammlung dem vom Verlag ausgearbeiteten Insolvenzplan zustimmt, damit musste er rechnen. Minderheitseigentümer Barlach setzt jetzt auf eine gerichtliche Klärung, ob die Einleitung des Insolvenzverfahrens „rechtsmissbräuchlich“ war.

Auf den ersten Blick hat Barlach durch den Insolvenzplan nicht viel verloren. Ihm und seiner Medienholding gehörten bislang 39 Prozent der Suhrkamp Kommanditgesellschaft, künftig hält er 39 Prozent der Aktien der neuen Suhrkamp-Aktiengesellschaft. Er wurde also nicht enteignet.

Dennoch ist die Umwandlung für Barlach äußerst ungünstig. Denn im Gesellschaftervertrag der KG hatte er sich starke Vetorechte für alle größeren Ausgaben zusichern lassen. So hatte sich Ulla Berkéwicz-Unselds Familienstiftung 2009 die Zustimmung Barlachs zum Verlagsumzug von Frankfurt nach Berlin erkauft. Da Barlach von seinen Vetorechten eifrig Gebrauch machte und Geschäftsführerin Berkéwicz-Unseld auf Barlach wenig Rücksicht nahm, gab es ständig Streit.

In der neuen AG verschieben sich die Gewichte. Hans Barlach verliert seine besonderen Vetorechte. Und Ulla Berkéwicz-Unseld gewinnt als künftiger AG-Vorstand neue Handlungsfreiheit. Und genau das war auch der Plan. Die Familienstiftung sagt, nur durch diese Umstrukturierung wird der insolvente Verlag wieder handlungs- und zukunftsfähig. Barlach sagt, die Insolvenz sei nur vorgeschoben, um seine legitimen Rechte auszuhebeln.

Wenn das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg in einigen Wochen den Insolvenzplan voraussichtlich bestätigt, wird Barlach dagegen beim Landgericht Berlin klagen. Laut Insolvenzordnung kann er nur geltend machen, dass der Insolvenzplan ihn gegenüber einem herkömmlichen Insolvenzverfahren benachteiligt. So wird er aber nicht argumentieren, denn ein Verkauf oder eine Abwicklung von Suhrkamp ist auch nicht in seinem Interesse.

Barlach muss vielmehr geltend machen, dass das ganze Insolvenzverfahren rechtswidrig war, weil Suhrkamp gar nicht zahlungsunfähig und überschuldet war – oder dass die Insolvenz von der Geschäftsführung aus sachfremden Gründen absichtlich herbeigeführt wurde. Ein Streit für Juristen und noch mehr für Ökonomen.

Für den Fall, dass sich die Berliner Gerichte dieser Fragestellung entziehen, hat Barlach bereits Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe eingelegt. Das Bundesverfassungsgericht müsste dann unter anderem entscheiden, ob der Rechtsschutz für Minderheitsgesellschafter gegen mutmaßliche Tricks der Mehrheit ausreicht.

CHRISTIAN RATH