Macht Gentechnik krank?

STREITFALL Der Biologe Gilles-Eric Séralini fütterte Ratten mit Gentech-Mais. Die Tiere wurden krank. Nun wird die Studie widerrufen

VON JOST MAURIN

BERLIN taz | Die Gewissheit vieler Aktivisten, dass gentechnisch veränderte Pflanzen gesundheitsschädlich sind, scheint erschüttert: Die Fachzeitschrift Food and Chemical Toxicology hat die wichtigste Studie dazu wegen Qualitätsmängeln zurückgezogen.

Der französische Molekularbiologe Gilles-Eric Séralini hatte für die Untersuchung den Mais NK603 und das Pestizid Roundup des US-Herstellers Monsanto an Ratten verfüttert. Die Maispflanze ist gentechnisch so verändert, dass sie im Gegensatz zu Unkräutern die Duschen mit dem Ackergift übersteht. Die Versuchstiere starben früher als Ratten mit konventionellem Futter, hatten öfter anormale Leber- und Nierenwerte und Tumore.

Boulevardmedien titelten: „Genmais macht Krebs“. Gentechgegner zitierten die Studie so häufig wie kaum eine andere. Das Naturkundemuseum Berlin wies in einer Ausstellung auf die Studie hin. Kurz nach der Veröffentlichung im September 2012 protestierten Wissenschaftler, die Fachzeitschrift überprüfte die Studie und entschied: Die Zahl der Tiere sei mit 10 pro Gruppe zu klein, um die Ursache der Tumore zu bestimmen.

Gentechnik-Befürworter wie Karl-Friedrich Kaufmann von Innoplanta sehen sich durch den Widerruf bestätigt. Es gebe auch sonst „keine beweiskräftige Studie, die die Sicherheit in Frage stellt“. Kritiker wie Christoph Then von Testbiotech behaupten nicht, dass Gentech-Pflanzen gesundheitsschädlich seien. Es gebe genügend Untersuchungen, die entzündliche Reaktionen im Gewebe und im Blutbild nachwiesen. Wie gefährlich das ist, sei ungeklärt.