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: Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Das Jahr 1968 hat viele Facetten. Besonders, wenn man nicht nur auf den Westen schaut. In Prag überrollten zum Beispiel sowjetische Panzer den Versuch, den Sozialismus zu reformieren. Auch in der DDR hatte das Jahr 1968 ein anderes Gesicht. „Kalter Frühling – Heißer Herbst“ heißt ein Festival in der Brotfabrik, das sich mit dem Jahr 1968 unter gesamtdeutscher bzw. europäischer Perspektive beschäftigt und den Blick bis ins Jahr 1977 weitet, das nicht nur durch den Höhepunkt des RAF-Terrors, sondern auch durch die Verabschiedung der Charta 77 in die Geschichte einging. Jener von Václav Havel verfassten Petition gegen Menschenrechtsverletzungen in kommunistischen Staaten, die den Beginn der osteuropäischen Bürgerrechtsbewegung markiert. Das Festival, das sich bis in den September ziehen wird, beginnt am Donnerstag mit einer multimedialen Erinnerung an „Prag 1968“. Wer denkt, nur türkische Jungs können richtig böse Comedians sein, der hat noch nie ein Programm der Performerin Serpil Pak gehört. Doch dem kann ab morgigen Mittwoch mit einem Besuch in der Ufafabrik abgeholfen werden, wo Pak ihr Programm „In Schleier Haft – Eine Orientwalküre packt aus“ präsentiert, das sich mit Aspekten des Frau-Seins unter Neuköllner Bedingungen befasst. Die Charlottenburger Bedingungen, oder besser, die Bedingungen des alten Westberlins beflügelt immer wieder die Fantasien der Oper Dynamo West. Mit ihrer neuen Produktion sind sie in die einstige Westberliner Vorzeigebühne, das Schiller Theater gezogen, das nach der Wende in einer Nacht-und-Nebel-Aktion geschlossen wurde und das demnächst der Staatsoper während ihres Umbaus als Ersatzspielort dienen wird. „Freischütz“ heißt die Opernperformance, die sich zu der Musik von Carl Maria von Weber noch einmal auf die Spuren des traditionsreichen Hauses begibt.

„Kalter Frühling –Heißer Herbst“: Brotfabrik, 21. 8.–30. 9.

„In Schleier Haft“: Ufafabrik, Mi–Sa

„Freischütz“: Schiller Theater, Di–Do