Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Zu den letzten Theatermachern, die noch von der Revolte reden und ihre Konzepte nicht nur theatralisch dekonstruieren und postdramatisch in Sphären jenseits des Denkbaren katapultieren, gehören die Performer von Andcompany&Co. Nun haben sie ein paar alte Bekannte, Brechts vier Weltkriegsdeserteure aus „Der Untergang des Egoisten Fatzer“ mit in den brasilianischen Dschungel genommen und dort mit Theorien des Revolutionärs und Stadtguerillero Carlos Marighella konfrontiert. „Fatzerbraz“ heißt das Ergebnis, das im Sommer in São Paulo herausgekommen ist und nun im HAU 3 Europapremiere hat. Normalerweise ist das Individuum in unserer spätkapitalistischen Gesellschaft mindestens so müde wie der Kapitalismus selbst, der sich nur ab und zu noch erhebt, um ein paar Banken und Volkswirtschaften zu verschlingen. Ab Morgen schreien in der Schaubühne wieder mal im Neoliberalismus restlos kolonisierte und entfremdete Seelen nach Errettung, sei es beim Therapeuten oder bei einem Menschen, den man noch lieben und spüren kann: „Protect me“ ist das dritte Produkt der fruchtbaren Zusammenarbeit von Falk Richter mit der Choreografin Anouk van Dijk. Von der Tragödie des Nicht-Lieben-Könnens handelt auch Eugene O’Neills Familiendrama „Ein Mond für die Beladenen“, das Armin Petras diesen Sommer in Koproduktion mit dem Bochumer Schauspielhaus inszenierte und das nun am Samstag im Gorki Studio seine Berliner Premiere hat. Das ist Ihnen alles zu viel und vor allem zu lang? Dann schreiben Sie doch selber und retten die Welt! „Wie wird die Welt der Zukunft aussehen?“ überschreibt das English Theatre seinen zweiten Stückewettbewerb und bittet um Einsendung englischsprachiger Ten-Minutes-Plays zum Thema. Die fünf Besten werden auch aufgeführt. Einsendeschluss ist zwei Tage vor Weihnachten.

■ „Fatzerbraz“: HAU 3, Mi-Sa

■ „Protect me“: Schaubühne, ab Mi

■ „Ein Mond für die Beladenen“: Gorki Studio, ab Sa

■ English-Theatre- Wettbewerb: www.etberlin.de