Jörg Sundermeier sichtet die soziale Bewegung in der Stadt

Heute beginnt wieder einmal die letzte Woche des Jahres, somit jene Tage, die man so schön als „zwischen den Jahren“ benennt und in denen normalerweise nichts stattfindet. Die Staatspolitik schweigt, die Zeitungen drucken Rückblicke, alles schläft, keiner wacht. Noch schütteln sich alle das Lametta aus den Haaren, reiben sich die vollen Bäuche, kurieren den Sektkater aus. Einige immerhin wissen, dass das nicht alles gewesen sein kann, und auch mit einer wie auch immer gearteten Rückschau auf das vergangene Jahr geben sie sich nicht zufrieden. Die Linke schaut bekanntlich nach vorn und nicht zurück, die frohe Zukunft ist ihre Gegenwart. Dieses Denken macht die Linke manchmal blöd, doch oft erhellt es sie auch. Am Donnerstag beispielsweise schaut sie in der Zielona Gora sehr kritisch in die Zukunft, denn es geht um die Auswirkungen der Produkte von Monsanto auf unser aller Lebenswelt – Monsanto ist ein multinational tätiger Biotechnologiekonzern, der Genpflanzen und Pflanzengifte erzeugt. Und erfolgreich Lobbyarbeit betreibt, so dass seine Überwachung eher eingeschränkt ist. Am Freitagnachmittag dann findet vor dem berüchtigten Abschiebeknast in Köpenick eine Kundgebung statt, die den dort Inhaftierten beweisen soll, dass sie auch zum Jahreswechsel nicht vergessen sind. Und später in der Nacht schließlich trifft sich ein großer Teil der radikalen Linken am U-Bahnhof Turmstraße, um die inzwischen schon gerade obligatorisch zu nennende „Silvester-Knastdemo“ durchzuführen, die auch den in Moabit Einsitzenden zeigen soll, dass sie von der Szene nicht vergessen sind. Wir kennen ja alle das – grammatikalisch falsche, aber mitreißende – Motto: „Wir sind nicht alle, es fehlen die Gefangenen.“ In diesem Sinne wird vor dem Knast demonstriert, doch auch mit Glühwein und Laune gefeiert, in gelebter Solidarität.

■ Monsanto: Zielona Gora, Grünberger Str. 73, Do., 18 Uhr

■ Abschiebeknast-Kundgebung, Grünauer Str. 140, Fr., 15 Uhr

■ Silvester-Knastdemo: U-Bhf. Turmstraße, Fr., 22.45 Uhr