11. September – 1973

Es gibt ja viele Banddramen: Berichte von Drogen, Flugzeugabstürzen, Gier und Bruderzwist. All das verblasst jedoch vor den Schicksalen der politisch verfolgten KünstlerInnen in aller Welt, die ihr Engagement nicht selten mit dem Leben bezahlen mussten. Für Inti-Illimani, eine Gruppe musikalisch begabter Studenten der Technischen Universität Santiago de Chile und Teil der so chaotischen wie hoffnungsvollen Wahlkampfmaschine Salvador Allendes, hielt das Leben eine besonders zynische Wendung bereit. 1973 waren sie in Chile als Partner des künstlerischen Übervaters der radikalen Linken, Víctor Jara, bereits sehr gut bekannt. Neuinterpretationen der Andenfolklore und Lieder, die Slogans der Unidad Popular einem Massenpublikum zugänglich machten, taten ein Übriges. Ihre erste internationale Tour jedoch verhalf ihnen zu Weltruhm, kommerziellem Erfolg und dem Status eines Nationaldenkmals des demokratischen Chile. Diese Tour sollte 15 Jahre dauern. Im Sommer 1973 besuchte die Gruppe unter anderem die Weltfestspiele der Jugend in Ostberlin und verschiedene Ostblockstaaten. Kurz vor ihrer geplanten Rückkehr wurden noch Stopps in der Sowjetunion und Vietnam angehängt – was ihnen gut und gerne das Leben gerettet haben kann. Während nach Pinochets 11. September ihre Kollegen, Freunde und Genossen verhaftet und gefoltert wurden und nicht wenige wie Jara brutal im Estadio de Chile umgebracht wurden, waren sie die Botschafter des freien Chile in der Welt. An eine Rückkehr in das von der Militärjunta im eisernen Griff gehaltene Land war bis 1988 nicht zu denken. Im Exil wurde in aller Eile das Album „Viva Chile!“ aufgenommen, vornehmlich mit Stücken aus dem politischen Repertoire, aber sehr bemerkenswert auch mit den Eigenkompositionen „Alturas“ und „Tatati“ und der Violeta-Parra-Interpretation „Rin del Angelito“. Deren fast barocker Stil und die bis dato unbekannte musikalische Perfektion einer Fusion aus lateinamerikanischer Folklore und anderer internationaler Musik sollten später das Markenzeichen der Intis werden und ihnen einen legendären Sonderstatus unter den musikalischen Größen des Kontinents verschaffen.

Aber natürlich muss auch diese Geschichte im Bruderzwist enden – Seit bald 10 Jahren gibt es zwei Bands mit Namen Inti-Illimani. Die eine hat ein Gründungsmitglied aufzubieten und spielt hörbare Latino-Fusion, die andere lässt mit traditionellen Mitgliedern und Sets vergangene Zeit vergessen und hat einen guten Namenszusatz gewählt: Histórico. DANIÉL KRETSCHMAR

■ Inti Illimani Histórico & Eva Ayllón: 26. Juni, 20 Uhr, hkw, John-Foster-Dulles-Allee 10