Des Pudels Kern

Erinnerungskultur lebt von vermeintlichen Gewissheiten und gradlinigen Narrativen. Zeitzeugen sollen konsistent (ihre) Geschichte erzählen, die Nachgeborenen glauben und lernen. Die Doku „Die Freiheit des Erzählens“ dekonstruiert mit überraschenden filmischen Mitteln eine solche Erzählsituation ohne den Kern der Erinnerung aus dem Auge zu verlieren. Die Lebensgeschichte des jüdischen Schwulen Gad Beck, der im Widerstand gegen die Nazis gekämpft hat, ist allein schillernd genug, die autobiografischen Schilderungen Becks jedoch orientierten sich an dem Bedürfnis nach gradliniger, nachvollziehbarer Narration. Im Wechsel zwischen dokumentarischen Aufnahmen, offensichtlicher Inszenierung und Überhöhung sowie durch Überblendung widersprüchlicher Zeugnisse nähert sich der Film einerseits einer kritischen Neubewertung persönlicher Erinnerungen, als auch dem Menschen, der hinter der historischen Figur steht, an. Heute ist der Film in Anwesenheit der Regisseure in der Montagsbar zu sehen und zu diskutieren.

■ Die Freiheit des Erzählens – Das Leben des Gad Beck: 3. Oktober, 21 Uhr, Montagsbar, Fehrbellinerstr. 6. Eintritt frei